Den Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen wie Homeoffice gab es schon vor Corona, allerdings hat die Krise diesen Trend verstärkt. Ist für Sie ein Zurück in die klassische Arbeitsumgebung Büro vorstellbar?
Prof. Dr. Jutta Rump: Ein Zurück zur alten Präsenzkultur wird es nicht geben. Aber wir werden nicht in der coronabedingten Welt des Homeoffice bleiben. Die Zukunft gehört den hybriden Modellen, also der Mischform zwischen stationärer und mobiler Arbeit. Mobile Arbeit, zu der auch Homeoffice zählt, gehört heute zu den zentralen Faktoren, die einen attraktiven Arbeitgeber ausmachen. Mit ihr lassen sich zahlreiche Vorteile verbinden. Mitarbeitende erhalten die Möglichkeit, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren, die eigene Zeit besser einzuteilen sowie störungsfreier und fokussierter zu arbeiten. Pendelzeiten verringern sich, sodass die eingesparte Zeit entweder dem Privatleben zugutekommt oder auch dem Arbeitgeber angeboten werden kann. Insbesondere im Kontext von Teilzeitarbeitsverhältnissen kann es zu einer zeitlichen Aufstockung kommen. Vor allem im Rahmen von Fachkräfteengpässen ist dies ein wichtiger Effekt: Zwar bleibt die Anzahl der Beschäftigten gleich, aber das zur Verfügung gestellte Arbeitsvolumen steigt. Durch die Verringerung des Pendelns verbessert sich des Weiteren die CO2-Bilanz. Es zeigt sich zudem, dass Fehlzeiten im Kontext der mobilen Arbeit zurückgehen.
Vor welche Herausforderungen werden Unternehmen durch Homeoffice und hybride Lösungen gestellt?
Prof. Dr. Jutta Rump: Homeoffice ist nicht aufwands- und kostenneutral und mit einigen Herausforderungen verbunden. Zum einen bedarf es einer technischen Ausstattung wie Notebook und Smartphone. Datenschutz-, Arbeits- und Gesundheitsschutzregelungen gilt es zudem zu beachten. Zum anderen sind organisatorische Rahmenbedingungen notwendig. Dazu gehören virtuelle Kommunikations- und Kooperationsplattformen, eine klare Definition von Arbeitspaketen, von Zielen, von Ergebniserwartungen und von Meilensteinen, Mitarbeitergespräche sowie Aktivitäten, um den Teamgeist zu erhalten und zu fördern.
Man muss sich bei der Einführung und Umsetzung von Homeoffice und hybriden Lösungen immer vor Augen führen, dass die Face-to-Face-Kommunikation abnimmt und das soziale Gefüge leiden kann. Bei einer Fünftagewoche im Homeoffice besteht sogar die Gefahr, dass sich das Team und die Belegschaft in Richtung Söldner-Mentalität entwickeln, mit fatalen Folgen für die Unternehmenskultur und das Betriebsklima. Nicht selten lässt sich auch ein Gefühl des „Abgehängtseins” von wichtigen Informationen und Entwicklungen beobachten. Umso wichtiger ist eine umfassende und kontinuierliche Informations- und Kommunikationspolitik. Nicht zuletzt verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben – auch „Entgrenzung“ genannt. Zentrale Herausforderung ist dann, die Mitarbeitenden zu empowern, wie sie ihren mobilen Arbeitsalltag organisieren und strukturieren und sich selbst disziplinieren.