#PsychischeBelastungen

Verborgenes Leiden

inForm 01/23

In Deutschland fühlt sich fast jede*r Fünfte häufig oder ständig einsam. Auch Unternehmen und deren Führungskräfte sollten für die Dimension von sozialer Isolation sensibel sein.

Denn chronische Einsamkeit kann große Auswirkungen auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden haben – sowie auf deren Arbeitsleistung.

Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir brauchen den Kontakt zu anderen. In früheren Zeiten hing unser Überleben von der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft ab. Im übertragenen Sinn ist das heute noch so: Gute soziale Beziehungen fördern unsere Gesundheit und tragen mit zu einem längeren Leben bei.

Doch in unserer stark auf Individualität ausgerichteten Gesellschaft haben nicht alle Menschen verlässliche Kontakte und ein unterstützendes soziales Umfeld. Schon 2019 – also vor Beginn der angeordneten Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie – gaben in einer repräsentativen Umfrage von Splendid Research 17 Prozent der 18- bis 69-jährigen Deutschen an, sich häufig oder ständig einsam zu fühlen, und fast jede*r Dritte (30 Prozent) verspürte zumindest manchmal Einsamkeit.

Andere Erhebungen zeigen, dass es bei den über 70-Jährigen ähnliche Werte gibt. Während der Pandemie hat sich laut einer Studie des wissenschaftlichen Dienstes der EU-Kommission aus dem Jahr 2021 das Einsamkeitsempfinden bei den Menschen in der Europäischen Union verschärft.

Formen von Einsamkeit

Haben Menschen wenige oder keine sozialen Kontakte und vermisse  diese, spricht man von sozialer Einsamkeit oder sozialer Isolation. Manche Menschen leiden, wenn ihnen eine enge, intime Beziehung fehlt (emotionale Einsamkeit) oder sie sich nicht zugehörig fühlen zu  einer Gemeinschaft/Gesellschaft (kollektive Einsamkeit). Das Gefühl von Einsamkeit ist stets negativ und wird als sozialer Schmerz erlebt.

Fehlende soziale Beziehungen

Doch warum ist Einsamkeit überhaupt ein Problem? Es ist gar keins, wenn es um das selbst gewählte temporäre Alleinsein geht, um die eigenen Gedanken zu ordnen oder sich selbst wieder besser wahrzunehmen. Ist aber das unangenehme Gefühl gemeint, das Menschen erleben, wenn sie ihre sozialen Beziehungen als unzureichend und instabil empfinden, können die Auswirkungen immens sein. Zumindest dann, wenn dieses Gefühl dauerhaft auftritt.

So schädlich wie Rauchen

Chronische Einsamkeit kann gravierende Folgen für Gesundheit und Lebenserwartung haben. Sie ist Studien zufolge so schädlich wie das Rauchen von 15 Zigaretten pro Tag und verursacht hohe Gesamtkosten für die Betroffenen und die Gesellschaft. Nach Schätzungen der Forschenden Lauren Fulton und Benn Jupp liegen diese Kosten mittelfristig (15 Jahre) bei etwa 12.000 britischen Pfund (rund 13.700 Euro) pro Person im Vergleich zu Personen, die ein stabiles soziales Umfeld haben.

Der Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. Manfred Spitzer bezeichnet Einsamkeit in seinem gleichnamigen Buch als „unerkannte Krankheit“. Wer sich einsam fühlt, erkrankt mit höherer Wahrscheinlichkeit als andere an einer Depression, einer Angst- oder einer Schlafstörung. Außerdem steigert Einsamkeit zum Beispiel das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte und Übergewicht.


Thema begleitet uns weiter

Die Einsamkeitsforscherin Dr. Susanne Brücker hat 2021 in einer Stellungnahme für den Bundestag betont, dass aktuelle Entwicklungen wie der demografische Wandel oder die Digitalisierung dazu führen, dass uns das Thema weiter begleiten wird. Es verschwindet nicht mit dem ausgerufenen Ende der Pandemie.

Höchste Zeit also, das Thema zu enttabuisieren und Strategien zur Einsamkeitsintervention und vor allem zur Einsamkeitsprävention zu entwickeln – auch in der Arbeitswelt.

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