Welche Ernährung ist gut fürs Herz, welche eher nicht?
Dr. Christina Nußbeck: Auf den Speiseplan gehören ausreichend Obst, Gemüse, Fisch. Fertiggerichte sollten möglichst vermieden werden; sie enthalten zu viel Salz und versteckten Zucker.
Warum sind natürliche Lebensmittel gut, verarbeitete weniger?
Dr. Christina Nußbeck: Natürliche Lebensmittel sind immer hochwertiger und besser für die Gesundheit. Eine salzreiche Ernährung ist grundsätzlich nicht empfehlenswert. Zuviel Salz bindet Wasser, was sich wiederum ungünstig auf den gesamten Körper auswirkt. Zucker wiederum ist für unseren Stoffwechsel ein Problem. Denn nehmen wir zu viel einfachen Zucker auf, nehmen wir an Gewicht zu. Und umso mehr Last wir tragen, umso schwerer hat es das Herzkreislauf-System.
Wenn ich mich jeden Tag von Fast Food ernähre und an Gewicht zunehme, wirkt sich das negativ auf das Herz aus?
Dr. Christina Nußbeck: Ja, die Gefäße werden hart und starr. Der Blutdruck wird dann höher als normal und belastet das Herz. Das Ernährungsverhalten spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, Ein weiterer negativer Faktor ist Nikotin. Rauchen schädigt die wichtigen arteriellen Gefäße. Diese durchbluten unser Herz und sind für die Versorgung der Nieren verantwortlich, wie für alle Organe.
Wie bemerke ich denn, dass mein Herz vielleicht schon leicht oder auch schwerer in Mitleidenschaft gezogen wurde durch meinen etwas negativen Lebensstil? Man misst jetzt nicht permanent und regelmäßig seinen Blutdruck...
Dr. Christina Nußbeck: Den Butdruck regelmäßig zu messen, mag aufwändig klingen, aber ist es ja de facto nicht. Messen kann man sich selbst, in der Apotheke oder auch bei Vorsorgeuntersuchungen, beim Hausarzt und Gynäkologen. Gerne auch schon in jüngeren Jahren. Letztlich bietet es die perfekte Möglichkeit, zu erkennen, ob etwas nicht in Ordnung ist. Dann ist es Zeit zu überlegen: Ist es der Lebenswandel? Gibt es einen familiären Zusammenhang oder gibt es organische Ursachen? Eines der häufigsten Themen in Deutschland ist tatsächlich die Lebensformveränderung. Übergewicht beispielsweise zieht neben Herz-Kreislaufproblemen auch orthopädische Leiden mit sich. Durch Gewichtsabnahme ist es möglich, den Blutdruck deutlich zu senken. Ein hoher Blutdruck, der nicht behandelt wird, verhärtet die Gefäße noch mehr, erhöht das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt enorm.
Kann ein geschwächtes Herz mit gesunder Ernährung wieder gestärkt werden?
Dr. Christina Nußbeck: Grundsätzlich ist das möglich. Bereits veränderte Gefäße werden durch gesunde Ernährung nicht weiter geschädigt. Wir müssen allerdings unterscheiden: Bei jemandem, der Mitte 30 ist, noch recht gesund ist, vielleicht etwas Übergewicht hat und leicht erhöhten Blutdruck wirkt sich Ernährung oder Rauchverzicht immer positiv aus, denn die Gefäße sind noch nicht derartig geschädigt. Bei Patienten, die beim Treppensteigen bereits in der ersten Etage Luftnot verspüren, womöglich schon ein fortgeschritten schlechtes Herz haben, sieht die Lage anders aus. Verkalkte und verändert starre Gefäße bleiben für immer. Hinzu kommt der nicht zu verhindernde Alterungsprozess.
Wenn ein großes Blutbild einen gewissen Vitaminmangel aufzeigt: Ist es empfehlenswert, mit Tabletten oder Nahrungsergänzungsmitteln nachzuhelfen?
Dr. Christina Nußbeck: Es ist die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert Vitamine auf die Gesundheit haben. Bei Vitamin D beispielsweise war der positive Einfluss auf einen gesunden Knochenaufbau bekannt. Nun hat man herausgefunden, dass ein Mangel an Vitamin D ein Risikofaktor für Herz-Kreislaufprobleme darstellt und damit im Zusammenhang mit Herzinfarkt oder Schlaganfall eine Rolle spielt. Wird dieser Mangel festgestellt, muss das medizinisch begleitet werden. Das heißt, nicht nur im Drogeriemarkt irgendwelche Vitamin D Tabletten kaufen, sondern unter ärztlicher Begleitung über eine „Tabletten-Kur“ nachdenken, damit die Depots erst einmal wieder gefüllt werden.
Letztlich sind aber alle Vitamine gut fürs Herz. Es bildet sich durch die Sonne. Darüber hinaus ist es in fetten Fischsorten enthalten sowie in Eiern. Veganer können Vitamin D über bestimmte Pilzsorten zu sich nehmen.
Fette sind nicht gleich Fette. Worauf sollen wir achten?
Dr. Christina Nußbeck: Bei der Überprüfung der Blutwerte werden auch Fettwerte ermittelt. Hier lautet das Stichwort Cholesterinspiegel. Man unterscheidet zwischen gutem und schlechtem Cholesterin. Das LDL steht für das schlechtere, es lagert sich in den Gefäßen ein und sorgt für verhärtete Gefäße und damit für Arteriosklerose. Das „gute“ HDL hingegen können wir in höheren Anteilen akzeptieren, da es sich eher schützend auf den Körper auswirkt. Omega 3-Fettsäuren sind in diesem Zusammenhang ein weiteres Stichwort, beispielsweise enthalten in Fisch.
Wir unterscheiden darüber hinaus zwischen tierischen und pflanzlichen Fetten, gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Es ist besser, den Salat mit Rapsöl, Walnuß- oder Olivenöl anzumachen. Auch beim Schnitzelanbraten ist es besser, diese Fette zu verwenden als Butter.
Lassen Sie uns das Thema Zucker in den Fokus nehmen. Als Endverbraucher ist es schwierig zu sehen, in welchen Nahrungsmitteln Zucker enthalten ist und in welcher Menge das vertretbar ist.
Dr. Christina Nußbeck: Natürliche Zucker sind in Obst enthalten. Früchte liefern Energie, etwa für unsere Arbeit oder für Sport. Aber es gibt natürlich auch viel versteckte Zucker. Ein Beispiel ist Ketchup, genauso wie Fertiggerichte mit Tomatensaucen. Zucker ist Geschmacksträger, genau wie Salz. In vielen FastFood-Menüs, in Salatsaucen ist das im Übermaß enthalten. Wir denken, wir essen einen gesunden Salat und kippen uns dann die Fertigsauce drauf. Gleiches gilt für Fruchtjoghurts und Milchshakes. In einem fertig gekauften Erdbeerjoghurt sind kaum frische Früchte, eher Erdbeersirup als Geschmacksträger. Besser ist es tatsächlich, sich einen Naturjoghurt zu kaufen und einen Apfel oder eine Banane unterzumischen. Wer zu viel Zucker auf einmal konsumiert, kommt darüber hinaus in einen richtigen Flash. Fällt diese Kurve wieder ab, ist das Bedürfnis nach Nachschub schnell wieder da.
Sprechen wir über vegetarisches und veganes Essen. Was davon ist gesünder fürs Herz?
Dr. Christina Nußbeck: Wer sich ausschließlich vegan ernährt, muss sich Gedanken machen, ob er nicht gewisse Substanzen zu wenig zu sich nimmt, die sonst über tierische Produkte konsumiert werden. Man darf bei allen Diskussionen nicht vergessen, dass Fleisch, auch rotes Muskelfleisch, durchaus positive Aspekte hat. Viele Vegetarier leiden beispielsweise unter Blutarmut. Letztendlich kommt es aber darauf an, alles in Maßen zu sich zu nehmen, das gilt auch für Fleisch.
Wie können Unternehmen ihre Beschäftigten beim Thema gesunde Ernährung unterstützen? Reicht der klassische Obstkorb?
Dr. Christina Nußbeck: Der Obstkorb ist sicherlich zunächst eine gute Sache. Ich favorisiere allerdings Kantinen. Eine klassische warme Mahlzeit sorgt dafür, dass wir länger satt sind. Und viele schaffen es ja auch tatsächlich nicht, sich etwas am Tag vorher oder am Morgen zuzubereiten. Also geht man in der Mittagspause zum Bäcker oder kauft irgendein Fertigprodukt. Der Mensch ist diesbezüglich ein Gewohnheitstier. Kantinen sorgen darüber hinaus dafür, dass Mittagspausen eingehalten werden. Diese sind wichtig zur Regeneration.
Was geben Sie Mitarbeitenden und Führungskräften in Unternehmen mit auf den Weg?
Dr. Christina Nußbeck: Gesunde Ernährung fängt zum Großteil zuhause an. Doch wir verbringen acht Stunden oder mehr am Arbeitsplatz. Viele Krankheiten, die wir in Europa haben, sind mit Übergewicht gekoppelt, Ernährung ist also die Hauptstellschraube. Mit einem ausgewogenen Essensangebot in Kantinen können Unternehmen einen wichtigen Beitrag leisten, gleiches gilt auch für Sportangebote.