Die Sucht nach Schönheit

Die Sucht nach Schönheit

Unzählige Informationen über Diäten, Selbstoptimierung und Fitnesstipps geistern im Netz. Doch was ist schon ideal? Ein Gespräch mit Katja Marszalek, Psychologin und Beraterin Gesundheitsmanagement BAD, über ihren Beratungsalltag, Herausforderungen in der Ernährung ihrer Klienten und Gründe für ein Scheitern.

Katja Marszalek, Psychologin und Beraterin Gesundheitsmanagement im BAD-Gesundheitszentrum Düsseldorf, erlebt in ihrem Berufsalltag als Beraterin für das Employee Assistance Program (EAP) auch immer wieder Situationen mit ihren Klienten, die an sich zweifeln, ihren Körper nicht schön finden oder auch es als große Last empfinden, positive Änderungen in ihrem eigenen Ernährungs- und Bewegungsverhalten herbeizuführen.

 

  Früher haben wir von Idolen gesprochen, heute folgen wir Influencer*Innen. Welche Funktion haben mediale Vorbilder?

 Katja Marszalek: Influencer*innen genießen eine einflussreiche Präsenz in den sozialen Medien. Wir können sie jeden Tag ganz nah durch ihren Alltag begleiten. Hierdurch erleben wir mediale Vorbilder als authentisch, vertrauenswürdig und können uns stärker mit ihnen identifizieren als mit weit entfernten Stars in Hollywood. Viele Unternehmen nutzen diesen Einfluss, um durch Influencer*innen ihre Markenbotschaften zu verbreiten – mit großem Erfolg.


  Ob auf Instagram & Co oder im Magazin vom Bahnhof. Die Optik ist immer wieder Thema. Es gibt beispielsweise Vorher-Nachher-Bilder, auf denen sich Menschen zunächst natürlich wohlgeformt und hinterher durchtrainiert und ohne Körperfett präsentieren. Wie erklären Sie sich das?

 Katja Marszalek: Optik war tatsächlich schon immer ein wichtiges Thema. Auch die körperliche Selbstdarstellung und Inszenierung ist kein neues, digitales Phänomen, sondern kulturell verankert. Vorher-Nachher-Bilder suggerieren, dass auch der Durchschnittsbürger durch – vermeintlich – genug Willensstärke das aktuelle Schönheitsideal erreichen kann. Menschen haben sich auch schon immer miteinander verglichen. Die Theorie des sozialen Vergleichs besagt, dass wir Informationen über das eigene Selbst gewinnen, indem wir uns mit anderen vergleichen. Dabei machen wir sowohl Abwärts- als auch Aufwärtsvergleiche – je nachdem, ob wir die andere Person als über- oder unterlegen wahrnehmen.

Schönheitsideale gab es ebenfalls schon immer, auch wenn sich diese mit der Zeit verändert haben. Durch soziale Medien können wir uns nun aber nicht nur mit unserem Nachbarn vergleichen, sondern potentiell direkt mit der ganzen Welt. Wenn nun das, was wir sehen, auch noch inszeniert und bearbeitet ist, dann machen wir quasi die ganze Zeit Aufwärtsvergleiche. Einige Menschen kann dies motivieren, um sich zum Beispiel gesünder zu ernähren oder mehr Sport zu treiben. Bei anderen hingegen kann dieser Aufwärtsvergleich negative gesundheitliche Auswirkungen haben, wie beispielsweise ein gemindertes Selbstwertgefühl oder ungesunde Verhaltensweisen. Die Ursache sind nicht die sozialen Netzwerke, aber sie bringen ein großes Risiko mit, dessen wir uns bewusst sein sollten.


  Das Mittel für den definierten Traumkörper kann sein: eine strenge Ernährung und hartes Körpertraining. Ist das unbedingt zu empfehlen? Welche Risiken bergen die schnellen Tipps aus dem Internet möglicherweise?

 Katja Marszalek: Problematisch ist, dass Ernährungs- und Gesundheitswissen in sozialen Medien „demokratisiert“ wird. Was wir im Fernsehen sehen oder in der Zeitung lesen, wurde meistens recherchiert und dann an die Öffentlichkeit getragen. In sozialen Medien werden wir aber ungefiltert von Informationen überflutet. Das kann zu Verunsicherung führen, gerade dann, wenn viele unterschiedliche Meinungen vertreten werden, die sich auch noch widersprechen. Die User*Innen fragen sich: Was soll ich denn jetzt glauben? Und was ist eigentlich richtig? Das können dann auch schnelle Tipps sein, die der Gesundheit eher schaden. Wenn dieser Tipp oder die neue „Wunderpille zum Abnehmen“ dann auch noch von meinen Lieblingsinfluencer*Innen kommt, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass ich dem Gesagten vertraue.


  Sind die Auswirkungen solcher Vergleiche auf das Essverhalten oder das Körperbild eigentlich immer negativ? Oder sehen Sie auch Chancen für die Zukunft?

 Katja Marszalek: Es freut mich sehr zu sehen, dass viele auf die Inszenierung in den Medien aufmerksam machen und immer häufiger Fotos teilen, auf denen ihr Körper nicht makellos dargestellt wird. Neue Trends wie #bodypositivity oder #mehrrealititätaufinstagram verdeutlichen, dass die Selbstakzeptanz und ein gesunder Körper wichtiger sind als das perfekte Erscheinungsbild. Gerade junge User*Innen sollten wir daran erinnern, dass sie viel mehr sind als nur ihr Äußeres. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir die Medienkompetenz von Kindern schon früh stärken. Ihnen sollte bewusst sein, dass Medien meistens ein ausgewähltes, inszeniertes Bild vermitteln, das nicht der Realität entspricht. Die digitale Welt kann nämlich durchaus einen positiven Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Wir können uns durch authentische Vorbilder inspirieren lassen oder uns virtuell mit Gleichgesinnten austauschen, wenn wir unser Verhalten in förderliche Bahnen lenken möchten.


  Was empfehlen Sie, um ein gesundes Gleichgewicht zu halten?

 Katja Marszalek: Ich erlebe in meinem Berufsalltag oft, dass Menschen schon wissen, was zu tun ist – häufig scheitert es an der Umsetzung. Meiner Meinung nach ist es daher besonders wichtig, Gewohnheiten zu schaffen, die man gut in den Alltag einbinden kann. Meistens sind extreme Ernährungsweisen oder intensive Sportprogramme nicht nachhaltig, weil das Leben irgendwann dazwischen funkt. Man sollte sich daher fragen: „Welches Vorhaben möchte ich auch in zehn Jahren noch umsetzen? Und warum möchte ich es eigentlich umsetzen?“ Bestenfalls ist meine Motivation nämlich nicht, einem gewissen Ideal zu entsprechen, um soziale Bestätigung und Akzeptanz zu erfahren. Vielmehr sollten wir eine wohlwollende und wertschätzende Beziehung zu uns selbst pflegen. Dann ist es meist viel einfacher, ein gesundes Gleichgewicht zu halten.

Mein persönlicher Tipp: Soziale Aktivitäten mit gesunden Gewohnheiten kombinieren. Statt mit einer Freundin essen zu gehen, verabrede ich mich gerne zum Spazierengehen oder zum gesunden Kochen. So kann man sich auch super gegenseitig unterstützen und motivieren!

BAD unterstützt Mitarbeitende und Führungskräfte mit dem Employee Assistance Program (EAP). Beschäftigte können sich per Telefon, übers Internet oder auch in einer persönlichen Individualberatung bei privaten wie beruflichen Herausforderungen Hilfe einholen. Mehr Informationen zum EAP finden Sie auf unserer Internetseite.

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