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Betrieblicher Brandschutz: "Panik ist kein guter Ratgeber"

inForm 03/2022

Betrieblicher Brandschutz: "Panik ist kein guter Ratgeber"

Brandschutz betrifft jedes Unternehmen und wird doch vielmals unterschätzt. Woran das liegt und wie sich Unternehmen für den Ernstfall rüsten sollten, erläutert Philip Dehm, Fachkraft für Arbeitssicherheit bei BAD.

Moderation:

Christian Gies (BAD-Unternehmenskommunikation)

Betrieblicher Brandschutz

"Panik ist kein guter Ratgeber"

70 Prozent der Betriebe erholen sich nicht nach einem Großbrand und werden vom Markt verdrängt. Brandschutz betrifft jedes Unternehmen und wird doch vielmals unterschätzt. Und das, obwohl Brandschutz gemäß Arbeitsschutzgesetz und Betriebsstättenverordnung unter die gesetzliche Fürsorgeplicht des Arbeitsgebers fällt. Woran das liegt und wie sich Unternehmen für den Ernstfall rüsten sollten, erläutert Philip Dehm, Fachkraft für Arbeitssicherheit bei BAD.

 

Was bedeutet betrieblicher Brandschutz?
Philip Dehm: Betrieblicher Brandschutz ist Teil des Arbeitsschutzes und Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung. Grundlage des betrieblichen Brandschutzes ist das Brandschutzkonzept. In diesem ist festgelegt, wie ein Brandherd im Ernstfall gestoppt werden kann. So sollte sich ein Unternehmen beispielsweise präventiv für ein geeignetes Löschmittel entschieden und einen Feuerwehrplan ausgearbeitet haben. Darüber hinaus listet das Brandschutzkonzept alle organisatorischen, technischen und baulichen Brandschutzmaßnahmen auf, die zur Brandprävention und -bekämpfung unerlässlich sind.

Wie sehen Maßnahmen im Detail aus?

Dehm: Die vorhin genannten Dimensionen von Brandschutzmaßnahmen können von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich sein. Nehmen wir die baulichen Maßnahmen: Brandschutztüren, Abschottungen vom Gebäude, Trennwände zwischen den verschiedenen Gebäudeteilen, beispielsweise einem Gefahrstofflager und einer Produktion oder einem Verwaltungsgebäude daneben, können hier unterstützend wirken.

Technische Betriebseinrichtungen müssen ebenfalls regelmäßig überprüft und in Stand gehalten werden. Darunter fallen zum Beispiel Steckdosen, Verlängerungskabel, Gasverbrauchsanlagen, lufttechnische Anlagen etc.

Organisatorische Schutzmaßnahmen als wichtige Säule umfassen Notfall-, Rettungs- und Fluchtpläne, die Berufung von Brandschutzbeauftragten und -helfer*innen sowie die Unterweisung der Beschäftigten im Umgang mit Feuerlöschern und die Durchführung von Räumungs- und Evakuierungsübungen.

Grundsätzlich sind Begehungen in Unternehmen präventiver Teil des Brandschutzes. Sie geben Aufschluss darüber, wo es diesbezüglich Schwachstellen gibt.

 

Wo lauern besondere Gefahren?
Dehm:
27 Prozent aller Brände passieren laut einer aktuellen Statistik dort, wo mit explosionsfähigen Stoffen gearbeitet wird. Sicherlich sind auch dort die Brandsituationen vielfältig. Letztlich kann ein kleiner Funke ausreichen, um einen Brand zu verursachen. Ein Beispiel aus meinem Praxisalltag: In einer Kfz-Werkstatt stand ein Glas direkt in der Fensterbank und damit in der Sonne. Der Lupeneffekt führte tatsächlich zu einem Brand. In Verwaltungsgebäuden wiederum sind oftmals ältere Kabelinstallationen für einen Brand ursächlich, auch Kleinstelektrogeräte in Küchen. Und hier insbesondere solche, die innerhalb kurzer Zeit hohe Leistungen produzieren, wie beispielsweise Toaster oder Kaffeemaschinen. Ein Klassiker ist auch der ölgetränkte Lappen in der Produktion, der sich entzündet. Es gibt Stoffe, die sich zunächst selbst erhitzen und dann entzünden, ohne externe Energiezufuhr. Gerade solche Stoffe müssen entsprechend gelagert werden.

 

Evakuierungsübungen nehmen einige nicht ernst, andere wiederum geraten, obwohl es sich nicht um einen Ernstfall handelt, in Panik. Was kann man hier tun?
Dehm:
Als Evakuierungs- oder Brandschutzhelfer*in ist es wichtig, die Personen ruhig, aber schnell aus dem Gebäude zu bringen. Panik bei den Helfer*innen überträgt sich immer auch auf andere. Und man sollte die Menschen auch mit den lokalen Möglichkeiten konfrontieren: In der Regel gibt es viele Feuerlöscher, eine Brandmeldezentrale, akustische Alarmierungen und automatische Löschanlagen.
 

Welche Aufgaben gibt es denn überhaupt in Unternehmen in Sachen Brandschutz?
Dehm:
Zum einen gibt es die Brandschutzbeauftragten. Diese werden aber nicht in jedem Unternehmen benötigt, sondern nur bei einer baulichen Verordnung in dem jeweiligen Bundesland. Brandschutzbeauftragte erstellen das Brandschutzkonzept.
Dann gibt es Brandschutzhelfer*innen, die zu vergleichen sind mit Ersthelfer*innen. Je nach Brandgefährdung sollten fünf bis zehn Prozent der Beschäftigten in Betrieben als Brandschutzhelfer*innen ausgebildet werden. In Gebäuden mit niedriger Brandgefährdung, wie beispielsweise Verwaltungsgebäuden, in denen Papier die Gefährdung darstellt, sind es weniger Personen. Wird mit Gefahrstoffen gearbeitet, bei denen auch der Explosionsschutz eine Rolle spielt, sollten mindestens zehn Prozent der Beschäftigten zu Brandschutzhelfer*innen ausgebildet werden. 

 

Die Auswahl an Feuerlöschern auf dem Markt ist sehr groß. Wie unterscheiden sie sich?
Dehm:
Der Schaumlöscher in den Varianten A, B und C gehört zum Standard; er wird in fast allen Betrieben eingesetzt. „A“ steht für feste Stoffe, zum Beispiel Papier und Holz. In Verwaltungsbetrieben wird er häufig genutzt. Der Feuerlöscher „B“ sind sehr geeignet bei flüssigen Stoffen und Gefahrstoffen. Feuerlöscher der C-Gruppierung werden beim Umgang mit gasförmigen Stoffen eingesetzt. Wasserlöscher wiederum kann man ebenfalls gut in Büros verwenden. Kann man es sich aussuchen, beispielsweise bei der Neuerstellung eines Gebäudes, würde ich jedoch immer zu Feuerlöschern mit Schaum oder CO2 tendieren.

Warum?

Dehm: Durch den Brand entstehen Schäden, aber auch durch die Brandbekämpfung. Gerade im Laborbereich, in dem oft mit Elektrogeräten im hohen sechsstelligen Kostenbereich gearbeitet wird, ist die Verwendung des Pulverlöschers keine gute Idee. Die beiden anderen genannten Varianten dagegen sind völlig rückstandsfrei.

Die Entwicklung von Rauch ist bei Bränden besonders gefährlich….
Dehm:
Ja! Rauchgase sind ein sehr wichtiges Thema. Durch den Brand wird Sauerstoff aus der Luft verdrängt und kann dann nicht mehr aufgenommen werden. Vielfach ersticken Personen bei ausbreitenden Bränden, während sie schlafen. Rauchmelder sind daher unerlässlich.
 

Und was ist zu tun, wenn eine Person brennt?
Dehm:
Definitiv keine Löschdecke nutzen und die brennende Person damit umarmen! Das ist ohnehin schwierig. Denn: Brennende Personen rennen in der Regel weg. Wenn möglich die Person auf den Boden werfen und dann löschen. Steht sie noch, dann von oben nach unten, also von der Brust abwärts löschen, da die Flammen nach oben gehen. Und allein schon wegen der Atmung nie ins Gesicht zielen. Bei der Nutzung von CO2-Löschern kann es zu Erfrierungen kommen. Daher sollte man vermeiden, zu lange auf eine Stelle zu zielen. Dann besteht unter Umständen die Gefahr, dass es zu Erfrierungsverbrennungen kommt.

Hilft bei kleineren Bränden auch der klassische Wassereimer?
Dehm: Grundsätzlich ist Wasser immer ein gutes Löschmittel, außer bei Fettbränden. Wenn zu Silvester das Raclette-Gerät in Brand gerät, greifen viele instinktiv zum Wasserglas. Das Wasser auf dem brennenden Gerät erzeugt jedoch eine durchaus gefährliche Stichflamme. Hier muss man wirklich aufpassen. Für Fettbrände gibt es entsprechende F-Löscher, die werden im Küchenbereich eingesetzt. Man bekommt sie schon für wenige Euro im Baumarkt.

 

Worauf gilt es im Alltag bei den Feuerlöschern zu achten?

Dehm: Wichtig im betrieblichen Alltag wie auch zuhause: Ein benutzter Feuerlöscher darf nicht wieder an seinen Platz zurückgehangen werden. Wurde der Sicherungsstift des Löschers gezogen, muss er ausgetauscht werden. Betriebe sind darüber hinaus gesetzlich verpflichtet, ihre Feuerlöscher alle zwei Jahre zu warten, um deren Funktion zu gewährleisten.

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