Sicherheitsbericht
Der Sicherheitsbericht ist eine Dokumentation, in der alle für die Sicherheit der Anlage(n) und ihres Betriebes bedeutsamen Umstände zusammengefasst und bewertet werden. Dabei ist der gesamte Betriebsbereich zu betrachten. Im Anhang II der Störfallverordnung, der die Mindestangaben auflistet, wird eine Gliederung vorgegeben.
Fällt ein Betriebsbereich unter die erweiterten Pflichten der Störfallverordnung, muss der Betreiber einen Sicherheitsbericht erstellen.
Zuerst werden Informationen zum Managementsystem und zur Betriebsorganisation im Hinblick auf die Verhinderung von Störfällen gefordert. Dabei wird auf den Anhang III verwiesen, der sieben Elemente für das Sicherheitsmanagementsystem aufführt.
Danach soll das Umfeld des Betriebsbereichs betrachtet werden: Standort und Umgebung einschließlich der relevanten meteorologischen, geologischen und hydrographischen Daten, eine Liste der Anlagen und Tätigkeiten im Betriebsbereich, bei denen die Gefahr eines Störfalls bestehen kann, sowie eine Beschreibung der Bereiche, die von einem Störfall betroffen werden könnten.
Der Sicherheitsbericht enthält dann die Beschreibung der Anlage(n) und des/der Verfahren(s). Zur Anlagenbeschreibung gehören Angaben über die zum Betrieb erforderlichen technischen Einrichtungen einschließlich der in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehenden Nebeneinrichtungen. Insbesondere sind alle die Kapazität und Leistung der Anlage, die Betriebseinheiten und die Verfahrensabschnitte kennzeichnenden Größen aufzuführen. Außerdem muss die Art der verwendeten Apparate unter Beifügung eines Maschinenaufstellungsplanes angegeben werden. Die Beschreibung des Verfahrens der Anlage ist für die Aussagekraft des Sicherheitsberichts von besonderer Bedeutung. Die einzelnen Grundoperationen sind ebenso anzugeben wie alle Daten, die zur näheren Kennzeichnung des Verfahrens erforderlich sind. Zu den Grundoperationen gehören u. a. physikalische und chemische Umwandlungen, betriebliche Zwischenlagerung, Ableitung oder Behandlung von Gasen. Kennzeichnende Verfahrensbedingungen sind die Umstände, von denen die konkrete Durchführung der anlagenspezifischen Aufgabe abhängt. Hierzu zählen z. B. die Sollwerte für Druck, Temperatur und Durchsatzgeschwindigkeit sowie die Zusammensetzung der Stoffströme und die Zusammenstellung der Energieströme. Zur Beschreibung des Verfahrens ist die Verwendung von Fließbildern erforderlich. Diese veranschaulichen Aufbau und Funktion einer verfahrenstechnischen Anlage; sie sind damit ein wesentliches Hilfsmittel für deren sicherheitstechnische Beurteilung. Vorgeschrieben sind u. a. Angaben über Energie und Energieträger, Größe der Behälter und Rohrleitungen, die Stoffe nach Anhang I Störfallverordnung enthalten können, und grundsätzliche Aufgabenstellung für Messen, Regeln, Steuern.
Weiterhin wird im Sicherheitsbericht ein Verzeichnis der gefährlichen Stoffe sowie besondere Erläuterungen zu der Bezeichnung, dem Zustand und der Menge der Stoffe gefordert. Dabei geht es nach Anhang I Störfallverordnung um Stoffe,
- die beim bestimmungsgemäßen Betrieb im Betriebsbereich bzw. in der Anlage vorhanden sein können oder
- die bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebs entstehen können.
Die Angaben zu Zustand und Menge der Stoffe haben sich sowohl auf die regelmäßig zu erwartenden Verhältnisse als auch auf den in sicherheitstechnischer Hinsicht ungünstigsten Zustand und die ungünstigste Menge zu beziehen. Es ist im Einzelnen zu erläutern, unter welchen Voraussetzungen der angegebene Zustand und die angegebene Menge der Stoffe vorhanden sein oder entstehen können. In diesem Zusammenhang sind auch Betriebsstörungen zu betrachten. Relevante Stoffeigenschaften sowie daraus resultierende Gefahren sind aufzuführen.
Der Sicherheitsbericht muss ferner eine Beschreibung der betrieblichen und umgebungsbedingten Gefahrenquellen
enthalten. Die Art der Gefahr ist im Einzelnen darzulegen (z. B. Leitungsbruch, chemische Reaktion mit einem anderen Stoff, Temperatur- und Druckanstieg in bestimmten Anlageteilen oder Explosionsunglück auf einem nahe gelegenen Verkehrsweg). Zur Beurteilung einzelner Gefahrquellen ist es erforderlich, die Wahrscheinlichkeit anzugeben, mit der gefahrbegründende Umstände eintreten können. Im Rahmen der Beschreibung sind außerdem die Voraussetzungen - sowohl innerhalb als auch außerhalb des Betriebsbereichs - anzugeben, unter denen ein Störfall eintreten kann.
Schadensausmaß und Folgen des betrachteten Störfalls sind abzuschätzen. Zu den Angaben über mögliche Störfallauswirkungen gehört zunächst eine Abschätzung von Art, Zustand und Menge der Stoffe, die bei einem Störfall unter den ungünstigsten - aber praktisch nicht völlig auszuschließenden - Umständen frei werden, entstehen, in Brand geraten oder explodieren können. Zu erläutern ist, welche Umstände nach einem Störfall die schädlichen Auswirkungen noch erhöhen könnten - selbst in seltenen Fällen. Darüber hinaus sind auf Grund von Abschätzungen und Berechnungen alle Bereiche anzugeben, in denen mit Schäden durch Druckwellen, Hitzeeinwirkung oder durch die Wirkung toxischer oder kanzerogener Stoffe zu rechnen ist.
Kernstück des Sicherheitsberichts ist die Darlegung, wie die gestellten Forderungen erfüllt werden. Dabei ist zwischen den Anforderungen zur Verhinderung von Störfällen und den Anforderungen zur Begrenzung von Störfallauswirkungen zu unterscheiden. Die Beschreibung der Maßnahmen zur Verhinderung von Störfällen muss mit der Beschreibung der sicherheitsrelevanten Anlagenteile, der Gefahrenquellen und der Störfallvoraussetzungen korrespondieren. Unter Bezugnahme auf die einzelnen Anlageteile, Gefahrenquellen und Störfallvoraussetzungen ist darzulegen, wie ein Störfall verhindert wird, insbesondere durch:
- die Anordnung der Gebäude
- deren bautechnische Ausführung
- die Auslegung der einzelnen Apparate, Maschinen und Aggregate
- besondere Maßnahmen des Brandschutzes und des Explosionsschutzes
- Warn-, Alarm- und Sicherheitseinrichtungen
- die Ausgestaltung der Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen
- organisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die Überwachung, Wartung, Reparatur
- Bedienungs- und Sicherheitsanweisungen und Schulung des Personals.
Abschließend sind die Schutz- und Notfallmaßnahmen aufzuführen, die die Auswirkungen von Störfällen begrenzen. Die entsprechenden Einrichtungen in der Anlage, der Alarmplan und die Organisation der Notfallmaßnahmen sowie die Mittel, die intern und extern für den Notfall zur Verfügung stehen, sind zu beschreiben. Schließlich sind diese Sachangaben im Hinblick auf die Erstellung der internen Alarm- und Gefahrenabwehrpläne nochmals zusammenzufassen.
Die Störfallverordnung enthält keine Regelung darüber, nach welchen Methoden der Anlagenbetreiber die Daten des Sicherheitsberichts zu ermitteln hat. Entscheidend ist, dass der Anlagenbetreiber auf Grund seiner Untersuchungen die Überzeugung gewinnt, dass seine Anlage allen sicherheitsbezogenen Anforderungen genügt. Für diese Untersuchungen kommen neben deterministischen Methoden der Verfahrens- und Regelungstechnik auch andere Methoden in Frage, z. B. das in der chemischen Industrie entwickelte PAAG-Verfahren, die Verwendung von Checklisten oder Matrizen, die Ausfall-Effektanalyse oder die Fehlerbaumanalyse.
Die Prüfung des Sicherheitsberichts durch die Behörde erstreckt sich zunächst auf dessen Vollständigkeit. Er ist vollständig, wenn alle aufgeführten Gesichtspunkte so umfassend behandelt sind, dass die systematische Untersuchung der gesamten Anlage, aller Verfahren und aller Schritte bei möglichen Störungen erkennbar wird. Aus den Unterlagen muss ein begründetes Urteil darüber abgeleitet werden können, ob die Sicherheit des Betriebes und eine ausreichende Störfallabwehr gewährleistet sind und ob die erforderlichen Maßnahmen zur Begrenzung von Störfallauswirkungen getroffen sind.
Die Analyse der Anlagensicherheit muss stets dem aktuellen Stand entsprechen. Eine Überprüfung und ggf. Aktualisierung des Berichts muss spätestens alle fünf Jahre oder dann erfolgen, wenn sich Veränderungen gegenüber relevanten Angaben des Sicherheitsberichts (Betriebsbereich, Verfahren, Menge, Art oder physikalischer Form eines gefährlichen Stoffes) ergeben.
Das im Sicherheitsbericht zu dokumentierende Prüfergebnis muss nicht bei jeder geringfügigen Änderung eines Sicherheitsaspektes fortgeschrieben werden. Eine Anpassung der zum Sicherheitsbericht gehörenden Unterlagen ist aber auch dann erforderlich, wenn der Stand der Sicherheitstechnik im Hinblick auf die betroffene Anlage fortgeschritten ist oder wesentliche neue Erkenntnisse vorliegen, die für die Beurteilung der Gefahren von Bedeutung sind. Ein fortgeschrittener Stand der Sicherheitstechnik ist anzunehmen, wenn die Techniker, die im Bereich von Anlagenbetreibern, Anlagenherstellern und Sachverständigeninstitutionen mit den störfallbezogenen Sicherheitsproblemen vertraut sind, zur Auffassung kommen, dass eine bisher nicht oder nur vereinzelt verwirklichte Maßnahme zur Verbesserung der Anlagensicherheit oder zur Begrenzung von Störfallauswirkungen praktisch geeignet ist und damit sinnvollerweise generell angewandt werden sollte. Wesentlich neue Erkenntnisse, die für die Beurteilung der störfallbezogenen Gefahren von Bedeutung sind, können sich allgemein auf die Gefährlichkeit oder die Wirkung von Stoffen beziehen, die bei einem Störfall frei werden, entstehen, in Brand geraten oder explodieren.
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