Baugruben und Gräben
In § 28 der UVV "Bauarbeiten" wird gefordert, Baugruben und Gräben so abzuböschen oder zu verbauen, dass Beschäftigte nicht durch Abrutschen von Massen gefährdet werden. Diese Forderungen gelten als erfüllt, wenn nach DIN 4124 abgeböscht oder verbaut wird. In der Norm werden für die Anlage von Baugruben und Gräben Mindestanforderungen aufgezeigt, bei deren Beachtung eine sichere Bauausführung gewährleistet ist. Abweichungen von der Norm sind möglich, wenn die gleiche Sicherheit auf andere Art und Weise nachgewiesen und erreicht wird. Die DIN gilt auch für das Herstellen von Bodenaufschlüssen und archäologische Grabungen sowie Ausschachtungen aller Art (z. B. Startschächte, Bergeschächte, Gräber).
Allgemeine Regelungen bei Baugruben und Gräben
Die beim Aushub freigelegten Erd- bzw. Felswände von Baugruben und Gräben sind so abzuböschen, zu verbauen oder anderweitig zu sichern, dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind. Dabei sind alle Einflüsse zu berücksichtigen, welche die Standsicherheit der Baugruben- bzw. Grabenwände beeinträchtigen. Außerdem ist zu beachten, dass Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit von benachbarten Gebäuden, Leitungen, anderen baulichen Anlagen oder Verkehrsflächen nicht beeinträchtigt werden.
Baugruben und Gräben dürfen erst betreten werden, wenn die Standsicherheit der Wände sichergestellt ist. Erd- und Felswände dürfen beim Aushub nicht unterhöhlt werden. Beim Aushub freigelegte Findlinge, Bauwerksreste, Bordsteine, Pflastersteine und dergleichen, die abstürzen oder abrutschen können, sind sofort zu beseitigen.
Im Bereich benachbarter baulicher Anlagen ist der Aushub unter Beachtung von DIN 4123 oder vergleichbarer Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen (siehe Gründungen, Unterfangungen).
Betreten von Baugruben und Gräben
In Bereichen, in denen entweder der Rand einer Baugrube bzw. eines Grabens oder die Baugrube bzw. der Graben selbst betreten werden muss, sind mindestens 0,60 m breite, möglichst waagerechte Schutzstreifen anzuordnen und von Aushubmaterial und Gegenständen freizuhalten. Bei Gräben bis zu einer Tiefe von 0,80 m kann auf einer Seite auf den Schutzstreifen verzichtet werden.
Wird zur Verringerung der Höhe eines Baugruben- oder Grabenverbaus ein geböschter Voraushub (Abbildung) hergestellt, dann muss zwischen Verbau und Böschungsfuß ein mindestens 0,60 m breiter waagerechter Streifen angeordnet werden, sofern dort Beschäftigte tätig werden.
Stirnwände von Gräben in mindestens steifem bindigem Boden dürfen bis zu einer Tiefe von 1,75 m senkrecht abgeschachtet werden. In allen anderen Fällen - auch in Bauzuständen - sind die Stirnwände entweder durch Böschung oder Verbau zu sichern, sofern dort Beschäftigte tätig werden.
Baugruben und Gräben bis höchstens 1,25 m Tiefe dürfen ohne Sicherung mit senkrechten Wänden hergestellt werden, wenn die anschließende Geländeoberfläche
- bei nicht bindigen und weichen bindigen Böden nicht stärker als 1 : 10
- bei mindestens steifen bindigen Böden nicht stärker als 1 : 2
geneigt ist.
Dies gilt nur dann, wenn Straßenfahrzeuge, Baumaschinen und Baugeräte die vorgeschriebenen Abstände zur Böschungskante einhalten, keine schädlichen Einflüsse nach 4.2.6 der DIN 4124 vorliegen und die in 4.2.7 der Norm angegebenen Einschränkungen nicht zutreffen.
Geböschte Baugruben und Gräben (Abbildung): Als geböscht gelten alle Baugruben- und Grabenwände, die weder ganz noch teilweise verbaut sind. Ohne rechnerischen Nachweis müssen folgende Böschungswinkel vorgesehen und dürfen nicht überschritten werden:
- bei nicht bindigen oder weichen bindigen Böden 45°
- bei steifen bindigen Böden 60°
- bei Fels 80°.
Die Standsicherheit von Böschungen ist u. a. rechnerisch nachzuweisen, wenn die angegebenen Böschungswinkel überschritten werden. Dabei müssen im Regelfall
- Straßenfahrzeuge sowie Baumaschinen oder Baugeräte bis 12 t Gesamtgewicht einen Abstand von mindestens 1,00 m zwischen der Außenkante der Aufstandsfläche und der Böschungskante einhalten
- schwerere Straßenfahrzeuge als nach 1. sowie Baumaschinen oder Baugeräte über 12 t bis 40 t Gesamtgewicht einen Abstand von mindestens 2,00 m zwischen der Außenkante der Aufstandsfläche und der Böschungskante einhalten.
Davon abweichend gelten für Baumaschinen oder Baugeräte von mehr als 12 t bis 18 t Gesamtgewicht bei Baugruben und Gräben bis 1,75 m Tiefe besondere Regelungen.
In mindestens steifen bindigen Böden sowie bei Fels dürfen Baugruben und Gräben bis zu einer Tiefe von 1,75 m ausgehoben werden, wenn der mehr als 1,25 m über der Sohle liegende Bereich der Wand unter dem Winkel b £ 45° geböscht wird und die Geländeoberfläche nicht steiler als 1 : 10 ansteigt. Andere Begrenzungen der Wand sind ebenfalls zulässig, z. B. ein teilweiser Verbau (Abbildung) (siehe DIN 4124).
Die Vereinfachungen der Norm gelten beim Vorliegen der im Folgenden beispielhaft aufgeführten Einflüsse n i c h t:
- Störungen des Bodengefüges, wie Klüfte oder Verwerfungen
- zur Einschnittsohle hin einfallende Schichtung oder Schieferung
- nicht oder nur wenig verdichtete Verfüllungen oder Aufschüttungen
- erhebliche Anteile an Seeton, Beckenschluff, organischen Bestandteilen und ähnlichen festigkeitsmindernden Bodenarten im Fall eines weichen bindigen Bodens
- Grundwasserabsenkung durch offene Wasserhaltung
- Zufluss von Schichtenwasser
- nicht entwässerte Fließsandböden
- der Verlust der Kapillarkohäsion eines nicht bindigen Bodens durch Austrocknen
- fehlender lastfreier Schutzstreifen bei Baugruben und Gräben mit mehr als 0,80 m Tiefe
- starke Erschütterungen aus Verkehr, Rammarbeiten, Verdichtungsarbeiten oder Sprengungen.
Ein Nachweis der Standsicherheit ist nach DIN 4084 oder durch Sachverständigengutachten zu erbringen, wenn u. a.
- eine Böschung mehr als 5,00 m hoch ist
- bei senkrechten Wänden in Gräben bis 1,75 m Tiefe die dort genannten Bedingungen nicht erfüllt sind
- die oben genannten Böschungswinkel überschritten werden, wobei jedoch ein Böschungswinkel von mehr als 80° bei nicht bindigen oder bindigen Böden bzw. von mehr als 90° bei Fels in keinem Fall zulässig ist
- einer der oben genannten Einflüsse vorliegt und die zulässige Wandhöhe bzw. der Böschungswinkel nicht nach vorliegenden Erfahrungen zuverlässig festgelegt werden kann
- vorhandene Gebäude, Leitungen, andere bauliche Anlagen oder Verkehrsflächen gefährdet werden können
- unmittelbar neben dem Schutzstreifen von 0,60 m eine stärker als 1 : 2 geneigte Erdaufschüttung bzw. Stapellasten von mehr als 10 kN/m^2 zu erwarten sind (dies gilt nicht, wenn bei einer bis 1 : 1 geneigten Erdaufschüttung die Tiefe der Baugrube bzw. des Grabens zusammen mit der Höhe der Erdaufschüttung das Maß von 5,00 m nicht übersteigt)
- die für Straßenfahrzeuge, Baumaschinen und -geräte genannten Abstände nicht eingehalten werden.
Bei Gefährdung der Oberfläche einer Böschung durch Tagwasser, Trockenheit, Frost oder Ähnliches sind entweder die freigelegten Flächen gegen derartige Einflüsse zu sichern oder die angegebenen maximalen Böschungswinkel zu verringern.
Böschungen müssen regelmäßig überprüft und ggf. abgeräumt werden, besonders nach längeren Arbeitsunterbrechungen, nach starken Regen- oder Schneefällen, nach dem Lösen größerer Erd- oder Felsmassen, bei einsetzendem Tauwetter und nach Sprengungen.
Die genannten Forderungen gelten nicht für Gräben, die nicht betreten werden und bei deren Anlage Personen, Gebäude, Leitungen oder andere bauliche Anlagen bzw. Verkehrsflächen, Fahrzeuge, Baumaschinen oder Baugeräte nicht gefährdet werden.
Der Verbau von Baugruben (Abbildung) muss von der Oberkante der Grube bis zur Sohle ohne Lücken ausgeführt werden und ausreichend versteift bzw. verankert sein; er muss den Baugrubenrand um mindestens 5 cm überragen.
Entsprechend den örtlichen Gegebenheiten können z. B. die folgenden Verbauarten nach DIN 4124 angewandt werden: Spundwände, Trägerbohlwände, Schlitzwände, Pfahlwände oder Bodenverfestigungen durch Düsenstrahlverfahren, Injektionen oder Vereisungen, mit dem anstehenden Boden fest verbundene Oberflächensicherungen aus Spritzbeton. Auch Unterfangungen nach DIN 4123 kommen in Frage.
Die Verkleidung der Wände muss auf ihrer ganzen Fläche von Geländeoberfläche bis Baugruben- bzw. Grabensohle dicht am Boden anliegen. Durch Fugen und Stöße darf kein Boden durchtreten können. Hohlräume hinter der Verkleidung sind sofort kraftschlüssig zu verfüllen. Ausnahmen:
- Bei mindestens steifem bindigem Boden darf der Verbau in vorübergehenden Bauzuständen 0,50 m oberhalb der Aushubsohle enden, sofern keine besonderen Einflüsse vorhanden sind und kein Erddruck aus Bauwerkslasten aufzunehmen ist
- Weitergehende Ausnahmen, bei Fels auch für längerfristige Bauzustände, sind zulässig, wenn dafür ein Standsicherheitsnachweis erbracht worden ist und soweit erforderlich zusätzliche Sicherungsmaßnahmen vorgesehen werden.
Gurte und Brusthölzer, Steifen und Streben, Keile, Anker, Spannschlösser und Bolzen sind sicher einzubauen (siehe DIN 4124).
In jedem Bauzustand bis zum Erreichen der endgültigen Baugruben- bzw. Grabensohle und in allen Rückbauzuständen muss die Standsicherheit des Verbaus sichergestellt sein. Der Verbau darf nur zurückgebaut werden, soweit er durch Verfüllen oder andere Baumaßnahmen nicht mehr benötigt wird. Er ist beim Verfüllen unverändert zu belassen, wenn er nicht gefahrlos entfernt werden kann.
Alle Teile des Verbaus müssen regelmäßig geprüft, nötigenfalls instand gesetzt und verstärkt werden. Vor Wiederaufnahme der Arbeiten nach längeren Arbeitsunterbrechungen oder starken Regenfällen, bei wesentlichen Veränderungen der Belastung, einsetzendem Tauwetter und nach Sprengungen muss der Verbau geprüft werden.
Arbeitsräume, die für Arbeiten in Baugruben vorgesehen sind, müssen mindestens 0,50 m breit sein. Regeln für Einschränkungen des Arbeitsraumes sind zu beachten!
Gräben für Leitungen und Kanäle müssen festgelegte lichte Mindestbreiten (Abbildung) aufweisen.
Seit Oktober 1997 gelten ausschließlich für Gräben für Abwasserleitungen und -kanäle nach DIN EN 1610 bestimmte Mindestbreiten für den Arbeitsraum. Die neuen Regeln sind nicht anzuwenden
- wenn der Graben niemals betreten wird
- wenn der Raum zwischen Rohrleitung und Grabenwand niemals betreten wird
- an Engstellen und in unvermeidbaren Situationen.
Der waagerechte Verbau ist nur in Böden zulässig, die ausreichend standfest sind. Mit dem Einbau ist spätestens zu beginnen, wenn 1,25 m Aushubtiefe erreicht sind; er kann ohne besonderen Standsicherheitsnachweis bis zu einer Grabentiefe von 5,00 m eingesetzt werden.
Die höchstzulässige Vorausschachtung darf je nach Bodenbeschaffenheit eine bzw. zwei Bohlenbreiten nicht überschreiten. Der Grabenverbau muss von der Grabenkante bis zur Sohle beiderseits dicht sein und mindestens 5 cm über den Grabenrand hinausragen. Die Abmessungen und Einzelheiten für den waagerechten Normverbau sind aus DIN 4124 ersichtlich.
Der senkrechte Verbau kann in Bodenarten angewendet werden, die ein mit dem Aushub fortschreitendes Nachtreiben der Bohlen gestatten oder in denen vor dem Aushub ein Abrammen von Kanaldielen oder Spundbohlen möglich ist. Der senkrechte Normverbau kann bis zu einer Grabentiefe von 5,00 m angewendet werden.
Der senkrechte Verbau mit Kanaldielen kann in allen rammbaren Bodenarten bis zur Erreichung großer Grabentiefen ausgeführt werden, wobei der Verbau ein- oder mehrstufig gerammt wird. Die Ausführung des senkrechten Normverbaus ist ebenfalls aus der DIN 4124 ersichtlich.
Neben dem senkrechten Normverbau kann den örtlichen Verhältnissen entsprechend Verbau mit Holzbohlen oder Kanaldielen oder gestaffelter Verbau angewendet werden. Für alle Verbauarten, die nicht dem waagerechten oder senkrechten Normverbau entsprechen, ist ein Standsicherheitsnachweis zu führen.
Stählerne Kanalstreben, Streben und Spindelköpfe müssen den "Grundsätzen für den Bau und die Prüfung der Arbeitssicherheit in der Länge verstellbarer Aussteifungsmittel für den Leitungsgrabenbau" (zu beziehen vom Fachausschuss "Tiefbau" bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft) entsprechen.
Maschinell ausgehobene Leitungsgräben von mehr als 1,25 m Tiefe, deren Wände nicht abgeböscht sind, dürfen erst betreten werden, nachdem ein Verbau mit Hilfe eines berufsgenossenschaftlich anerkannten Verbaugeräts oder Verbauverfahrens entsprechend der Betriebsanleitung eingebracht worden ist. Diese Geräte oder Verfahren müssen von der Prüfstelle des Fachausschusses "Tiefbau" in sicherheitstechnischer Hinsicht überprüft und als geeignet beurteilt worden sein.
Bei einer Grabenbreite von mehr als 0,80 m sind Übergänge (Laufbrücken, Laufstege) erforderlich.
Baugruben und Gräben, die mehr als 1,25 m tief sind, müssen über geeignete Zugänge (Abbildung) (Rampen, Treppen, Leitern) betreten und verlassen werden können.
Beim Aufstellen von Hebezeugen, bzw. bei Belastungen durch Fahrzeuge an Böschungsrändern und Verbaumaßnahmen, sind bestimmte Sicherheitsabstände einzuhalten.
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