Rohrleitungen
Beschaffenheitsanforderungen:
Für die Beschaffenheit (Auslegung, Konstruktion und Fertigung) und das Inverkehrbringen von Druckgeräten - dazu zählen auch Rohrleitungen - mit einem maximal zulässigen Druck PS von über 0,5 bar gilt die Druckgeräte-Richtlinie (DGRL), die mit der Druckgeräteverordnung (14. GPSGV) am 3. Oktober 2002 in deutsches Recht umgesetzt wurde.
Die technischen Anforderungen und Anforderungen an das Konformitätsbewertungsverfahren im Zuge des Herstellungsprozesses von Rohrleitungen als Druckgeräte nach Druckgeräte-Richtlinie orientieren sich an dem Gefahrenpotenzial der Druckgeräte. Dazu werden diese anhand festgelegter Kriterien beurteilt und in Kategorien eingestuft.
Die grundlegenden Sicherheitsanforderungen, denen eine Rohrleitung nach DGRL genügen muss, werden im Anhang I der DGRL beschrieben. Rohrleitungen, die unter definierten Höchstwerten der Einstufungskriterien bleiben, müssen nicht zwingend die Anforderungen des Anhangs I der DGRL erfüllen und keinem Konformitätsbewertungsverfahren nach DGRL unterzogen werden. Sie müssen lediglich in Übereinstimmung mit der in einem Mitgliedstaat geltenden guten Ingenieurpraxis (GIP) ausgelegt und hergestellt werden (siehe Druckgeräte).
Die Grenzen zur guten Ingenieurpraxis liegen gemäß Art. 3 DGRL bei den nachfolgenden Werten. Rohrleitungen, die über diesen Grenzen einzuordnen sind, müssen die grundlegenden Anforderungen nach Anhang I der DGRL erfüllen.
Für Rohrleitungen gelten die Grenzen:
- Beschickungsgut: Gase, verflüssigte Gase, unter Druck gelöste Gase, Dämpfe und Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei der zulässigen maximalen Betriebstemperatur mehr als 0,5 bar Überdruck beträgt.
Für Fluidgruppe 1: DN > 25.
Für Fluidgruppe 2: DN > 32 und PS x DN > 1.000 bar
- Beschickungsgut: Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei der zulässigen maximalen Betriebstemperatur höchstens bei 0,5 bar Überdruck liegt.
Für Fluidgruppe 1: DN > 25 und PS x DN > 2.000 bar.
Für Fluidgruppe 2: PS > 10 bar und DN > 200 und PS x DN > 5.000 bar.
Der Hersteller erklärt mit dem Ausstellen der Konformitätserklärung und dem Anbringen der CE-Kennzeichnung, dass die Rohrleitung einem der geforderten Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurde und die grundlegenden Sicherheitsanforderungen nach Anhang I der DGRL erfüllt sind. Weiterhin muss der Hersteller eine Gefahrenanalyse nach DGRL durchführen. Gefahren, die er nicht absehen kann, sind in der Betriebsanleitung zu benennen.
Der Hersteller einer Rohrleitung kann sich zur Erfüllung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Richtlinie auf harmonisierte Normen stützen, die im Auftrag der EU-Kommission für die verschiedenen Druckgeräte bei der Europäischen Normungsorganisation (CEN) erarbeitet wurden bzw. werden. Die Anwendung harmonisierter Normen, die im EG-Amtsblatt veröffentlicht wurden, erfüllt zusätzlich die Konformitätsvermutung.
Harmonisierte Normen anzuwenden ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Es können auch zutreffende nationale Regelwerke verwendet werden, sofern mit ihnen die grundlegenden Sicherheitsanforderungen nach Anhang I der DGRL erfüllt werden.
Die Einstufung und Beurteilung von Rohrleitungen nach der Druckgeräte-Richtlinie wird nach dem Fluidzustand, der Fluidgruppe des enthaltenen Mediums und charakterisierenden Betriebs- bzw Größendaten (Nennweite DN; Druck PS; Druck-Nennweiten-Produkt PS x DN) vorgenommen (siehe Druckgeräte).
Entsprechend diesen Kriterien werden die Rohrleitungen als Druckgeräte unter Berücksichtigung ihres Gefahrenpotenzials in die Kategorien I bis III eingestuft, auf die im Zuge der Herstellung bestimmte, festgelegte Konformitätsbewertungsverfahren anzuwenden sind. Die jeweilige Einstufung ist den zutreffenden Konformitätsbewertungs-Diagrammen nach Anhang II der DGRL zu entnehmen. Die Zuordnung ist dabei wie folgt:
- Rohrleitungen für Gase, verflüssigte Gase, unter Druck gelöste Gase, Dämpfe und Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei der höchsten maximalen Betriebstemperatur mehr als 0,5 bar Überdruck beträgt, der Fluidgruppe 1 (gefährliche Medien) - Diagramm 6
- Rohrleitungen für Gase, verflüssigte Gase, unter Druck gelöste Gase, Dämpfe und Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei der höchsten maximalen Betriebstemperatur mehr als 0,5 bar Überdruck beträgt, der Fluidgruppe 2 - Diagramm 7
- Rohrleitungen für Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei der zulässigen maximalen Betriebstemperatur höchstens bei 0,5 bar Überdruck liegt, mit Fluidgruppe 1 - Diagramm 8
- Rohrleitungen für Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei der zulässigen maximalen Betriebstemperatur höchstens bei 0,5 bar Überdruck liegt, mit Fluidgruppe 2 - Diagramm 9.
Das Konformitätsbewertungsverfahren legt die Vorgehensweise fest, wie in Zusammenarbeit zwischen Hersteller und der zuständigen Prüfstelle der Nachweis erbracht wird, dass die grundlegenden Sicherheitsanforderungen nach Anhang I der DGRL erfüllt werden. Darüber hinaus wird festgelegt, wie die CE-Kennzeichnung eines Druckgerätes erfolgt.
Montage, Installation, Betrieb:
Als Vorschrift für Montage, Installation und Betrieb von Rohrleitungen ist seit dem 1. Januar 2003 die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) gültig. Den Mitgliedstaaten obliegt es, für die Sicherheit der Druckgeräte in der Montage- und Betriebsphase entsprechende Bestimmungen festzulegen, ohne jedoch im Regelungsbereich von EU-Richtlinien über die dort genannten Beschaffenheitsanforderungen hinaus Weiteres vorzuschreiben.
Die Betriebssicherheitsverordnung gilt für überwachungsbedürftige Anlagen und Arbeitsmittel. Rohrleitungen unter innerem Überdruck zählen nach der Betriebssicherheitsverordnung zu den überwachungsbedürftigen Anlagen, wenn sie Druckgeräte nach Druckgeräte-Richtlinie mit Ausnahme der Druckgeräte im Sinne des Artikels 3 Abs. 3 dieser Richtlinie (es gilt nur die Anforderung der guten Ingenieurpraxis) sind oder beinhalten und für entzündliche, leichtentzündliche, hochentzündliche, ätzende oder giftige Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten bestimmt sind.
Wie alle überwachungsbedürftigen Anlagen müssen überwachungsbedürftige Rohrleitungen nach dem Stand der Technik montiert, installiert und betrieben werden. Bei der Einhaltung des Standes der Technik sind die vom Ausschuss für Betriebssicherheit ermittelten und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Die bisherigen technischen Regeln für Rohrleitungen als einer der genannten überwachungsbedürftigen Anlagen (TRR) gelten bezüglich der betrieblichen Anforderungen bis zur Überarbeitung durch den Ausschuss für Betriebssicherheit und ihrer Bekanntgabe durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fort.
Alle anderen Rohrleitungen, die nicht unter die überwachungsbedürftigen Anlagen fallen, gelten jedoch grundsätzlich als Arbeitsmittel. Für diese Rohrleitungen sind somit die gemeinsamen Vorschriften des Abschnitts 2 der Betriebssicherheitsverordnung für Arbeitsmittel anzuwenden.
Prüfung vor Inbetriebnahme:
Eine überwachungsbedürftige Anlage darf erstmalig und nach einer wesentlichen Veränderung nur in Betrieb genommen werden, wenn die Anlage unter Berücksichtigung der vorgesehenen Betriebsweise durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) oder eine Befähigte Person auf ihren ordnungsgemäßen Zustand hinsichtlich der Montage, der Installation, der Aufstellungsbedingungen und der sicheren Funktion geprüft worden ist. Die Prüfzuständigkeiten von überwachungsbedürftigen Rohrleitungen (nur Rohrleitungen für entzündliche, leichtentzündliche, hochentzündliche, ätzende oder giftige Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten, die Druckgeräte sind und mindestens in die Kategorie I fallen) ergeben sich gemäß den Tabellen:
Sind Rohrleitungen nicht überwachungsbedürftig, so zählen sie dennoch zu den Arbeitsmitteln und unterliegen als solche den Prüfbestimmungen von § 10 BetrSichV. Hängt die Sicherheit der Rohrleitung von den Montagebedingungen ab, sind sie nach der Montage und vor der Inbetriebnahme von einer Befähigten Person zu prüfen. Die Prüfung hat den Zweck, sich von der ordnungsgemäßen Montage und der sicheren Funktion der Leitung zu überzeugen.
Wiederkehrende Prüfungen:
Überwachungsbedürftige Anlagen und ihre Anlagenteile, in diesem Fall überwachungsbedürftige Rohrleitungen, sind in bestimmten Fristen wiederkehrend auf ihren ordnungsgemäßen Zustand hinsichtlich des Betriebs durch eine zugelassene Überwachungsstelle oder eine Befähigte Person zu prüfen. Die Prüfzuständigkeiten für wiederkehrende Prüfungen von überwachungsbedürftigen Rohrleitungen ergeben sich nach den Tabellen:
Der Betreiber hat die Prüffristen der Gesamtanlage und der Anlagenteile - also auch der Rohrleitungen - auf der Grundlage einer sicherheitstechnischen Bewertung zu ermitteln. Eine sicherheitstechnische Bewertung ist nicht erforderlich, soweit sie im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung bereits erfolgt ist.
Soweit die wiederkehrenden Prüfungen überwachungsbedürftiger Anlagen von zugelassenen Überwachungsstellen vorzunehmen sind, unterliegt die Ermittlung der Prüffristen durch den Betreiber wiederum einer Überprüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle.
Bei der Festlegung der Prüffristen für überwachungsbedürftige Rohrleitungen dürfen die folgenden Höchstfristen nicht überschritten werden:
- äußere Prüfungen: fünf Jahre
- Festigkeitsprüfung: fünf Jahre.
Der Betreiber hat in den Fällen, wo Anlagen und Anlagenteile von einer zugelassenen Überwachungsstelle geprüft werden müssen, die Prüffristen der Anlagenteile und der Gesamtanlage der zuständigen Behörde innerhalb von sechs Monaten nach Inbetriebnahme der Anlage unter Beifügung anlagenspezifischer Daten mitzuteilen.
Der Betreiber kann die wiederkehrenden Prüfungen von Rohrleitungen, die durch eine zugelassene Überwachungsstelle durchzuführen sind, auch von einer Befähigten Person durchführen lassen, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- es sind in einem Prüfprogramm schriftliche Festlegungen für diese Prüfungen getroffen worden
- eine zugelassene Überwachungsstelle hat diese schriftlichen Festlegungen geprüft und bescheinigt, dass mit ihnen die Anforderungen der BetrSichV erfüllt werden
- eine zugelassene Überwachungsstelle überzeugt sich durch stichprobenweise Überprüfungen von der Einhaltung der schriftlichen Festlegungen.
Rohrleitungen, die nach der BetrSichV nicht als überwachungsbedürftig einzustufen sind (sie dienen nicht der Förderung entzündlicher, leichtentzündlicher, hochentzündlicher, ätzender oder giftiger Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten oder sind nicht Druckgeräte, die mindestens in die Kategorie I fallen), sind dennoch Arbeitsmittel. Unterliegen sie Schäden verursachenden Einflüssen, die zu gefährlichen Situationen führen können, sind sie wiederkehrend durch Befähigte Personen zu überprüfen und erforderlichenfalls zu erproben. Art, Umfang und Fristen dieser wiederkehrenden Prüfungen sind durch den Arbeitgeber bzw. Betreiber zu ermitteln. Dabei sind die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.
Für überwachungsbedürftige Anlagen, also auch überwachungsbedürftige Rohrleitungen, die vor dem 1. Januar 2003 bereits erstmalig in Betrieb genommen waren, bleiben hinsichtlich der an sie zu stellenden Beschaffenheitsanforderungen die bisher geltenden Vorschriften maßgebend. Die zuständige Behörde kann verlangen, dass diese Anlagen entsprechend den neuen Vorschriften geändert werden, soweit nach der Art des Betriebs vermeidbare Gefahren für Leben oder Gesundheit der Beschäftigten oder Dritter zu befürchten sind.
Quellen