Psychische Belastungen
Der Begriff Belastung bezeichnet im Allgemeinen die von außen auf den Menschen einwirkenden Bedingungen. Belastungen werden häufig auch Stressoren oder Stressbedingungen genannt. Neben physischen (körperlichen) Belastungen am Arbeitsplatz (z. B. Lärm, Hitze, Staub) kann es für die Beschäftigten häufig auch psychische oder psycho-mentale (nervlich-seelische) Belastungen geben (z. B. hoher Zeit- und Termindruck, schlechtes Betriebsklima, Informationsüberflutung, mangelhafte Einarbeitung durch fehlende Unterweisung).
Was bedeutet der Begriff Beanspruchung bei Psychische Belastungen?
Mit dem Begriff Beanspruchung meint man die durch Belastungen in der Person hervorgerufenen Wirkungen und ablaufenden Prozesse. Die Beanspruchung kann - trotz gleicher Belastungen - bei verschiedenen Personen ganz unterschiedlich ausfallen. Jeder wird anders in Anspruch genommen. Die Höhe der Beanspruchung hängt also nicht nur von Ausmaß und Dauer der Belastung ab, sondern ganz entscheidend auch von den persönlichen Eigenschaften des Beschäftigten (z. B. Wahrnehmungs- und Interpretationsstile), seinem Gesundheitszustand, seiner Leistungsbereitschaft, seinen Fähigkeiten und seinem Ausbildungsgrad.
Was wird unter Stress verstanden?
Von Stress spricht man im Alltag üblicherweise dann, wenn die Beanspruchung so hoch ist, dass sie von der betreffenden Person als unangenehm erlebt wird und sich negative Gefühle einstellen. Die zu Grunde liegende Belastung wird in solchen Fällen auch als Fehlbelastung bezeichnet.
Während die körperlichen Belastungen und die daraus resultierenden Beanspruchungen schon seit langer Zeit weitgehend von zahlreichen Arbeitsschutzvorschriften erfasst und von den Arbeitsschutzorganisationen zurückgedrängt wurden, gerieten psychische Belastungen und Stress erst in jüngerer Vergangenheit in das Blickfeld des Arbeitsschutzes. Es erhöhte sich zunehmend das Bewusstsein und die Erkenntnis, dass nicht nur Arbeitsmittel und -stoffe sowie viele andere physische Belastungen bei der Arbeit die Gesundheit schädigen und zu Unfallgefahren führen können, sondern auch psychische Fehlbelastungen und Stress solche ernsten Probleme zur Folge haben können. Neben verminderter Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten sind in entsprechenden Untersuchungen vermehrt Rückenschmerzen und Verkrampfungen festgestellt worden. Psychische Belastungen können z. B. auch die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Magen-Darm-Geschwüren erhöhen. Auch Hörsturz und Tinnitus werden im Zusammenhang mit psychischen Fehlbelastungen erwähnt. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission verursacht arbeitsbedingter Stress in der EU (der 15 Staaten) jährlich Kosten in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro.
Welche Berufsgruppen sind von psychischen Belastungen betroffen?
Unter starken psychischen Beanspruchungen können ganz unterschiedliche Berufsgruppen leiden, so z. B. Beschäftigte an Arbeitsplätzen mit komplizierten Fahr- und Überwachungstätigkeiten (z. B. Fahrpersonal, Schaltwartenpersonal) oder Mitarbeiter in Call-Centern. Auch Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Bildungswesen können in hohem Maße betroffen sein.
Welche Ursachen für psychische Belastungen gibt es?
Mögliche Ursachen für psychische Belastungen am Arbeitsplatz können z. B. sein:
- Über- oder Unterforderungen der Leistungsfähigkeit (auch Zeitdruck, Monotonie, Informationsüberfluss oder -mangel)
- Unklarheiten bei der Arbeitsaufgabe (auch ungerechte Arbeitsverteilung)
- mangelhafte Einweisung und Schulung; schlechte Aus- und Fortbildung
- unbefriedigende Berufsentwicklung (zu wenig Aufstiegsmöglichkeiten)
- Angst um den Arbeitsplatz (Arbeitsplatzverlust, Rückstufung)
- empfundene Sinnlosigkeit des Arbeitsauftrags
- Dauerärger infolge schlechter Arbeitsorganisation (mangelhafte Materialzulieferung, organisatorische Reibungsstellen)
- Konflikte mit Vorgesetzten und Untergebenen (Führungsschwächen, Kommunikationsstörungen, empfundene Ungerechtigkeiten)
- Probleme mit Kollegen (sexuelle Belästigungen, Ausgrenzung durch Kollegen) bis hin zum Mobbing
- Probleme im Privatleben.
Auffällige Störungen des Betriebsklimas können Hinweise auf psychische Belastungen bei den Beschäftigten sein, z. B. eine kurzfristige Häufung von Krankmeldungen in Arbeitsgruppen und Abteilungen, eine allgemeine Erhöhung des Krankenstandes, verstärkter Alkoholmissbrauch oder vermehrte Kündigungen.
Weil psychische Fehlbelastungen und Stress bei der Arbeit nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitssicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten haben können, ist es wichtig, im Betrieb entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei lässt sich zwischen belastungsorientierten und ressourcenorientierten Ansätzen unterscheiden.
Was versteht man unter belastungsorientierten Ansätzen?
Belastungsorientierte Ansätze zielen darauf ab, die Belastung zu reduzieren, z. B. durch eine Verbesserung der Arbeitsorganisation, der Arbeitsumgebung und der Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie der Arbeitsmittel. Bei den ressourcenorientierten Ansätzen geht es darum, den Umgang der Beschäftigten mit den Belastungen zu verbessern. Dazu gehören z. B. Kompetenztraining, Schulung und Fortbildung.
Vor der Durchführung entsprechender Schritte ist eine sorgfältige Analyse der Belastungssituation erforderlich. Zur Erstellung von Belastungsprofilen und Analysen stehen psychologische Verfahren und Instrumente zur Verfügung. Ihre Anwendung erfordert Sachkenntnis und die Zusammenarbeit mit Arbeits- und Organisationspsychologen sowie weiteren Experten. Es gibt aber auch Hilfsmittel, die ungeschulten Nutzern eine erste grobe Einschätzung der Belastungssituation ermöglichen, z. B. von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Es versteht sich von selbst, dass die betroffenen Mitarbeiter an dem Prozess der Analyse und Verminderung der Belastung aktiv beteiligt werden müssen.
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