Europäische Normung

Europäische Normen, die Festlegungen zum Arbeitsschutz enthalten, werden im Wesentlichen von den europäischen Normungsorganisationen "Europäisches Komitee für Normung" (CEN) und "Europäisches Komitee für Elektrotechnische Normung" (CENELEC) erarbeitet. Dabei wird die europäische Normungsarbeit von nationalen Gremien (Spiegelgremien) begleitet, in Deutschland vom DIN und der DKE im DIN. Neue europäische Normungsvorhaben können in Form von Normungsaufträgen (Mandaten) von der Europäischen Kommission initiiert werden, um die in EG-Richtlinien vorgegebenen grundlegenden Anforderungen auszufüllen. Sie können aber auch von jedem CEN- oder CENELEC-Mitglied und -Gremium sowie von europäischen Organisationen vorgeschlagen werden. Im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeitete Normen (sog. mandatierte Normen) werden durch ihre Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft zu "Harmonisierten Europäischen Normen". Sie regeln die technischen Details im Geltungsbereich von EG-Richtlinien, die der Beseitigung von Beschränkungen des freien Warenverkehrs dienen. Dabei gelten folgende Regeln:
  • Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften in der Europäischen Union beschränkt sich auf die Festlegung der grundlegenden Anforderungen in den EG-Richtlinien, denen die in der Gemeinschaft in Verkehr gebrachten Erzeugnisse genügen müssen. Diese Richtlinien müssen in nationales Recht umgesetzt werden.
  • Die technischen Spezifikationen für Produkte, die den in den Richtlinien enthaltenen grundlegenden Anforderungen entsprechen, werden in Harmonisierten Europäischen Normen (EN) festgelegt.
  • Bei Produkten, die nach Harmonisierten Normen hergestellt worden sind, wird davon ausgegangen, dass sie die entsprechenden grundlegenden Anforderungen der Richtlinien erfüllen (Konformitätsvermutung).
  • Die Anwendung der harmonisierten oder sonstigen Normen bleibt freiwillig. Dem Hersteller steht es frei, die in den Richtlinien bzw. deren nationaler Umsetzung festgelegten grundlegenden Anforderungen anders als durch die Beachtung der Normen zu erfüllen; er kann z. B. andere technische Spezifikationen benutzen.
In Deutschland veröffentlicht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Listen, welche harmonisierten Normen zu welcher Richtlinie neu erarbeitet wurden. Europäische Normen, die nicht unter einem Mandat erarbeitet wurden und somit nicht den Status einer harmonisierten Norm erreichen können, lösen keine Konformitätsvermutung aus. Für die Beurteilung, ob auch Produkte, die nicht in den harmonisierten Bereich fallen, die Sicherheit und Gesundheit der Benutzer nicht gefährden, hat das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) ebenfalls das "Vermutungsprinzip" eingeführt. Wird ein Produkt unter Berücksichtigung von Normen oder anderen technischen Spezifikationen hergestellt, die vom Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (AtAV) ermittelt und im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, kann davon ausgegangen werden, dass es den betreffenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit genügt. Grundsätzlich gilt, dass die internationale Normung Vorrang vor der europäischen, die europäische Normung Vorrang vor der nationalen Normung hat. Die nationalen Mitglieder der europäischen Normungsorganisationen sind verpflichtet, alle verabschiedeten Europäischen Normen (EN) in ihr nationales Regelwerk zu übernehmen. Eventuell entgegenstehende nationale Normen müssen zurückgezogen werden. In Deutschland werden Europäische Normen vom DIN als DIN-Normen übernommen. Sie tragen dann die Bezeichnung DIN EN XXX, wobei XXX meist die europäische Zählnummer bedeutet, z. B. DIN EN 1050. Durch ein europäisches Informationsverfahren ist gesichert, dass keine neuen Handelshemmnisse durch abweichende nationale Normen in den Mitgliedstaaten entstehen können. Bei diesem Verfahren sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten von allen nationalen Entwürfen auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und Normen Mitteilung zu machen. Die nationalen Entwürfe dürfen während einer Stillhaltefrist nicht beschlossen werden, um der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten Zeit für Reaktionen zu geben. Die europäische Normung erfolgt auf freiwilliger Basis. Da viele Europäische Normen jedoch zur Ausfüllung von EG-Richtlinien benötigt werden, liegt eine enge Zusammenarbeit zwischen CEN/CENELEC und der Europäischen Kommission im gegenseitigen Interesse. Zahlreiche Mandate sind bereits bearbeitet worden, z. B. zur Ausfüllung der Richtlinien über Maschinen oder Persönliche Schutzausrüstungen. Neue Mandate werden von CEN oder CENELEC mit hoher Priorität behandelt. Bei Konformität von Produkten mit den zutreffenden harmonisierten Normen wird davon ausgegangen, dass diese Produkte die entsprechenden grundlegenden Anforderungen der Richtlinien erfüllen. Diese Konformität wird durch die CE-Kennzeichnung (Abbildung) sichtbar gemacht. Bevor der Hersteller ein Produkt in Verkehr bringt, muss er ein in der anwendbaren Richtlinie vorgesehenes Konformitätsbewertungsverfahren durchführen, das die Voraussetzung für die Anbringung der CE-Kennzeichnung ist. Die staatlichen Behörden müssen dann davon ausgehen, dass mit der CE-Kennzeichnung versehene Produkte alle Bestimmungen der anwendbaren Richtlinien erfüllen. Daher dürfen sie das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme solcher Produkte nicht untersagen, einschränken oder behindern. Die Konkretisierung der grundlegenden Anforderungen in Richtlinien durch Europäische Normen ist nur bei den Binnenmarktrichtlinien vorgesehen, in denen es um Produktanforderungen geht und die damit dem Abbau von Handelshemmnissen dienen. Im Bereich der Arbeitsschutzrichtlinien, die sich auf den betrieblichen Arbeitsschutz beziehen, ist vereinbart, von deutscher Seite keine Europäischen Normen zu initiieren. Die Mitgliedstaaten sollen nicht durch Festlegungen in Normen daran gehindert werden, weitergehende Maßnahmen als die in den Richtlinien genannten Mindestanforderungen zum Schutz der Arbeitnehmer zu ergreifen. Dennoch werden auch in diesem Bereich Normen, die der besseren Verständigung dienen (Begriffe, Definitionen, Zeichen) oder objektive Messverfahren und Methoden beschreiben, als sinnvoll und hilfreich angesehen. Die schnellen Entwicklungen moderner Technologien und die Verlagerung der Wirtschaft auf internationale Märkte verlangen eine erhöhte Effizienz der Normung. Eine Antwort der Normungsinstitutionen auf diese Entwicklungen ist die Schaffung neuer Normungsprodukte mit beschleunigter Bearbeitungszeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Produkte nur begrenzt einsetzbar sind, da bestimmte Normungsgrundsätze, wie die öffentliche Umfrage, eingeschränkt werden. Dennoch bieten sie die Chance, den jeweils aktuellen Stand der Technik auch für sich technisch schnell entwickelnde Wirtschaftszweige abzubilden. Voraussetzung für die Akzeptanz neuer Produkte ist, dass auch sie nach transparenten, festgelegten Prozeduren erarbeitet werden und in das Gesamtregelwerk eingepasst werden können. Bisher gibt es drei normative Produkte (Norm, Technische Spezifikation und Workshop-Agreement) und zwei informative (Technical Report und Guide). Die Normen-Informationsdatenbank PERINORM gibt Auskunft zu den wichtigsten nationalen und internationalen Normen und technischen Regelwerken in Europa.

Quellen

www.arbeit-und-gesundheit.de