Ergonomie
Definition und Bedeutung von Ergonomie
Ergonomie ist die Wissenschaft von der Anpassung der Arbeitsumgebung an die physischen und psychischen Bedürfnisse des Menschen. Sie zielt darauf ab, Arbeitsplätze, Produkte und Systeme so zu gestalten, dass sie den natürlichen Bewegungen und Fähigkeiten des Menschen entsprechen. Dabei geht es nicht nur um den physischen Komfort, sondern auch um die Steigerung von Effizienz und Produktivität. Eine gute Ergonomie verringert die Belastung des Körpers, beugt Verletzungen vor und fördert das Wohlbefinden am Arbeitsplatz.
Geschichte und Entwicklung der Ergonomie
Die Ergonomie hat ihre Wurzeln in der industriellen Revolution, als die Notwendigkeit erkannt wurde, Arbeitsplätze menschengerechter zu gestalten. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Ergonomie zu einer eigenständigen Disziplin, die sich auf verschiedene Bereiche wie Arbeitsplatzgestaltung, Produktdesign und Software-Entwicklung erstreckt. Die ständige Weiterentwicklung technologischer Hilfsmittel und der Zunahme digitaler Arbeitsplätze hat die Bedeutung der Ergonomie weiter verstärkt.
Die Bedeutung der Ergonomie im Bereiche der Arbeitsplatzgestaltung
Ergonomie ist ein wesentlicher Bestandteil in vielen Bereichen, besonders in der Arbeitsplatzgestaltung, im Produktdesign und in der Digitaltechnik. In der Arbeitsplatzgestaltung zielt Ergonomie darauf ab, Arbeitsumgebungen so zu gestalten, dass sie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter unterstützen. Dies umfasst ergonomische Büromöbel, eine richtige Beleuchtung und Lärmkontrolle, um Ermüdung und Stress zu reduzieren und die Produktivität zu steigern.
Grundprinzipien der ergonomischen Gestaltung
Die ergonomische Gestaltung basiert auf mehreren Grundprinzipien, die darauf abzielen, die Interaktion zwischen Mensch und seiner Arbeitsumgebung zu optimieren.
Ein zentrales Prinzip ist die Anpassung der Arbeitsumgebung an den Menschen. Dies bedeutet, dass Arbeitsplätze, Werkzeuge und Geräte so gestaltet sein sollten, dass sie den körperlichen und psychologischen Bedürfnissen des Nutzers entsprechen. Dazu gehört die Anpassung von Höhe, Reichweite und Sitzgelegenheiten, um eine natürliche Körperhaltung und Bewegung zu ermöglichen.
Ein weiteres wichtiges Prinzip ist die Reduzierung von Monotonie und Überbelastung. Dies kann durch abwechslungsreiche Aufgaben, regelmäßige Pausen und die Vermeidung von repetitiven Tätigkeiten erreicht werden. Die Förderung von Effizienz und Komfort ist ebenfalls entscheidend. Ergonomische Gestaltung soll sicherstellen, dass die Benutzer ihre Aufgaben mit minimaler Anstrengung und maximaler Zufriedenheit ausführen können.
Die Integration von Sicherheitsaspekten in die Gestaltung ist ein weiterer Eckpfeiler der Ergonomie. Dies umfasst die Vermeidung von Gefahrenquellen sowie die Bereitstellung von Schutzausrüstung und Notfallmaßnahmen. Schließlich spielt auch die Einbeziehung von Benutzerfeedback eine wesentliche Rolle. Durch das Sammeln und Berücksichtigen von Rückmeldungen der Benutzer können ergonomische Designs kontinuierlich verbessert und an individuelle Bedürfnisse angepasst werden.
Ergonomische Hilfsmittel und Techniken für eine gesunde und komfortable Arbeitsumgebung
Ergonomische Hilfsmittel und Techniken sind entscheidend für die Schaffung einer gesunden und komfortablen Arbeitsumgebung. Ein zentrales Element sind ergonomische Möbel, wie verstellbare Stühle und Schreibtische, die eine korrekte Sitzhaltung unterstützen und Rückenbeschwerden vorbeugen. Fußstützen und Handgelenkauflagen können zusätzlich helfen, die Belastung bei längerer Büroarbeit zu minimieren. Eine weitere wichtige Technik ist die optimale Anordnung des Arbeitsplatzes. Der Computerbildschirm sollte beispielsweise auf Augenhöhe platziert werden, um Nacken- und Augenbelastungen zu reduzieren. Die richtige Beleuchtung am Arbeitsplatz ist ebenfalls entscheidend, um Augenermüdung zu vermeiden und die Konzentration zu fördern. Regelmäßige Pausen sind ein weiteres wichtiges Element. Kurze Pausen helfen dabei, Ermüdung zu vermeiden und die Konzentration über den Tag hinweg aufrechtzuerhalten. Ebenso können Übungen und Bewegungspausen dazu beitragen, Muskelverspannungen zu lösen und die Durchblutung zu fördern.
Akustische Maßnahmen können auch einen großen Unterschied machen, insbesondere in Großraumbüros. Schalldämmende Elemente und eine angemessene Raumakustik tragen dazu bei, Lärm zu reduzieren und die Konzentration zu steigern.
Die Auswirkungen von ergonomischen Fehlbelastungen und wie man sie vermeiden kann
Ergonomische Fehlbelastungen können zu einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen führen, wie z.B. Rückenschmerzen, Sehnenscheidenentzündungen und Augenbelastungen. Durch die richtige ergonomische Gestaltung und bewusste Verhaltensweisen können diese Risiken minimiert werden. Es ist wichtig, auf Signale des Körpers zu achten und präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Ergonomie in der digitalen Welt: Tipps für eine gesunde Nutzung von Computern und mobilen Geräten
Die Nutzung von Computern und mobilen Geräten erfordert besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf Ergonomie. Tipps für eine gesunde Nutzung beinhalten die richtige Positionierung des Bildschirms, die Verwendung von ergonomischen Eingabegeräten und die Einhaltung von Pausen. Auch Softwarelösungen wie Augenermüdungsreduzierende Bildschirmeinstellungen tragen zu einer besseren Ergonomie bei.
Präventive Maßnahmen
Die Arbeitsmedizin spielt eine entscheidende Rolle bei der Prävention von arbeitsbedingten Verletzungen durch ergonomische Maßnahmen. Durch die frühzeitige Identifikation von Risikofaktoren und die Implementierung präventiver Strategien können viele Probleme vermieden werden.
Behandlung und Rehabilitation
Neben der Prävention ist die Arbeitsmedizin auch wichtig für die Behandlung und Rehabilitation von arbeitsbedingten Verletzungen. Ergonomische Anpassungen können Teil der Behandlung sein und helfen, eine schnelle und nachhaltige Genesung zu fördern.
Ergonomie im Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Ergonomie spielt eine entscheidende Rolle im Bereich des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin. Sie befasst sich mit der Anpassung der Arbeitsumgebung und -ausrüstung an die physischen und psychischen Bedürfnisse der Mitarbeiter, um Gesundheitsrisiken zu minimieren und die Produktivität zu steigern.
Bedeutung der Ergonomie im Arbeitsschutz
Im Rahmen des Arbeitsschutzes ist Ergonomie unerlässlich, um Arbeitsunfälle und berufsbedingte Krankheiten zu verhindern. Eine ergonomisch gestaltete Arbeitsumgebung verringert das Risiko von Muskel-Skelett-Erkrankungen, die durch repetitive Tätigkeiten, unangemessene Haltungen oder die Handhabung schwerer Lasten verursacht werden können. Ergonomische Hilfsmittel wie verstellbare Stühle, ergonomische Tastaturen und Pausenräume tragen dazu bei, die Belastung für den Körper zu reduzieren.
Ergonomie in der Arbeitsmedizin
In der Arbeitsmedizin wird Ergonomie genutzt, um bestehende Arbeitsbedingungen zu analysieren und zu verbessern. Arbeitsmediziner betrachten dabei nicht nur die physischen, sondern auch die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Sie erarbeiten Maßnahmen zur Stressreduktion und zur Förderung eines gesunden Arbeitsklimas. Dies umfasst unter anderem die Gestaltung von Schichtplänen, die Reduzierung von Lärm und die Verbesserung der Beleuchtung am Arbeitsplatz.
Gesetzliche Grundlagen und Normen
In vielen Ländern gibt es gesetzliche Vorschriften und Normen, die die Einhaltung ergonomischer Prinzipien am Arbeitsplatz regeln. Unternehmen sind verpflichtet, die Arbeitsplätze so zu gestalten, dass Gesundheitsgefahren minimiert werden. Dazu gehören auch regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter im Bereich Ergonomie.
Vorteile einer ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung
Eine ergonomisch optimierte Arbeitsumgebung führt nicht nur zu einer Reduzierung von Krankheitstagen, sondern steigert auch die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter. Dies resultiert in einer höheren Produktivität und einer verbesserten Arbeitsqualität. Unternehmen profitieren somit sowohl wirtschaftlich als auch durch ein verbessertes Arbeitsumfeld.
Ergonomie im Arbeitsschutz und in der Arbeitsmedizin ist ein wesentlicher Bestandteil einer modernen, gesundheitsbewussten Arbeitswelt. Durch die Integration ergonomischer Prinzipien lassen sich Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz deutlich reduzieren und das Wohlbefinden der Mitarbeiter steigern. Dies führt zu einer Win-Win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen.
Ergonomie und Arbeitswissenschaft
Die Begriffe Ergonomie und Arbeitswissenschaft werden häufig synonym verwendet. Die Arbeitswissenschaft umfasst jedoch neben der (klassischen) Ergonomie weitere Gebiete, wie z. B. Aus- und Weiterbildung, Zeitwirtschaft, Entgeltsysteme.
Für die ergonomische Beurteilung von Arbeitsplätzen bzw. Arbeitssystemen wurden Anfang der 1970er Jahre von Rohmert/Kirchner Bewertungsebenen entwickelt und in Westdeutschland von der Praxis und den Sozialpartnern weitgehend akzeptiert. Auch in der damaligen DDR wurden von Arbeitswissenschaftlern um Hacker, Dresden, ähnliche Bewertungsebenen entwickelt. Die in der Ergonomie wie generell in der Arbeitswissenschaft verankerte Bewertungshierarchie in der ursprünglichen Form umfasst vier Stufen: Ausführbarkeit, Erträglichkeit, Zumutbarkeit und Zufriedenheit
Ergonomie am Arbeitsplatz: Die vier Stufen der Bewertungshierarchie
1. Stufe: Ausführbarkeit
Ist die Arbeit mit den dafür vorgesehenen Personen ausführbar? Eine Arbeit ist ausführbar, wenn ein Mensch unter Berücksichtigung seiner biologischen Gegebenheiten die Tätigkeit verrichten kann (z. B. Reichweite der Arme, Höhe der ausübbaren Kräfte). Teildisziplinen vorwiegend: Anthropometrie, Psychophysik
2. Stufe: Erträglichkeit
Ist die Arbeit auf Dauer für die dafür vorgesehenen Personen erträglich? Eine Arbeit gilt als erträglich, wenn sie ohne Gefahr einer Beeinträchtigung der Gesundheit regelmäßig, das heißt über die ganze Arbeitsschicht und über ein gesamtes Berufsleben, ausgeübt werden kann. Teildisziplinen vorwiegend: Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin
3. Stufe: Zumutbarkeit
Sind die Arbeit und die zu erwartenden Arbeitsbedingungen zumutbar? Teildisziplin vorwiegend: Soziologie
4. Stufe: Zufriedenheit
Werden die für die Arbeit vorgesehenen Personen mit der Arbeit und den Arbeitsbedingungen zufrieden sein? Teildisziplinen vorwiegend: Individual-, Sozialpsychologie.
Das erweiterte Bewertungsraster der Ergonomie
In den 1980/1990er Jahren hat sich der Blickwinkel in z. T. mühsamen Prozessen geweitet und frühere Kontroversen zwischen Ingenieur-/Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften sind in den Hintergrund getreten. Ergebnis ist ein erweitertes Bewertungsraster, das die vier bereits etablierten Ebenen breiter definiert und ergänzt um Sozialverträglichkeit und Persönlichkeitsförderlichkeit. Im Bereich der Normung sind diese Kriterien u. a. in die Software-Ergonomie aufgenommen worden (DIN EN ISO 9241).
Grundaufgaben der ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung / Arbeitssystemgestaltung
- Anpassung der Arbeitsaufgabe und der Arbeitsbedingungen an den Menschen (= Arbeits-/Arbeitssystemgestaltung)
- Anpassung des Menschen an die Arbeitsaufgaben und die Arbeitsbedingungen (= z. B. Ausbildung, Einarbeitung, Rehabilitation).
Ergonomische Arbeitsgestaltung
Ergonomische Arbeitsgestaltung soll Humanität und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen berücksichtigen. Wesentliche ergonomische Gestaltungsbereiche lassen sich wie folgt gliedern, wobei jeweils auch mögliche psychosoziale Belastungsfaktoren zu berücksichtigen sind:
Gestaltung des Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung von:
- Körperabmessungen und Geschlecht
- Körperhaltung
- Körperkräften
- Wirkraum des Hand-Arm- und Bein-Fuß-Systems
- Gesichts- und Blickfeld (Abbildung).
Gestaltung von Arbeitsmitteln und Einrichtungen
- Auswahl und Formgebung von Hand- bzw. Fußbedien- und Stellteilen
- Auswahl und Ausführung von Anzeigen, Sichtgeräten und Signaleinrichtungen
- Auswahl und Einsatz von Arbeitshilfen und Werkzeugen
- Auswahl und Einsatz geeigneter Arbeitstische und -stühle (Abbildung).
Gestaltung der Arbeitsumgebung
- Lärm: Minderung der Entstehung und Ausbreitung von Schallwellen
- Mechanische Schwingungen (Vibrationen): Minderung der Entstehung und Übertragung auf den menschlichen Körper
- Klima: Abstimmung von Lufttemperatur, -feuchtigkeit, -geschwindigkeit und Wärmestrahlung unter Beachtung von Kleidung und Tätigkeit
- Beleuchtung: Abstimmung von Licht- und Beleuchtungsstärke, Leuchtdichte, Reflexion und Farbgestaltung
- Gefahrstoffe: Minimierung von festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen, die gesundheitsschädigende oder -beeinträchtigende Wirkung haben können
- Strahlung: z. B. optische Strahlung und elektromagnetische Felder.
Gestaltung der Arbeitszeit
- Festlegung der täglichen Arbeitszeit
- Festlegung der Ruhe- und Erholungspausen (Pausenregime)
- Auswahl des Schichtsystems
- Einführung von flexiblen Arbeitszeitsystemen (Gleitzeit usw.).
Gestaltung der Arbeitsstrukturierung
- Erweiterung der Arbeitsinhalte (Eigenverantwortung), Job-Rotation
- Arbeitsverteilung und Organisationsformen (Einzelarbeitsplatz, Gruppenarbeit, Telearbeit).
Bei der Entwicklung von neuen oder der Veränderung von alten Arbeitssystemen muss die Ergonomie integraler Bestandteil der Gesamtplanung sein. Sonst besteht die Gefahr, dass bei neu eingerichteten Arbeitssystemen bereits aus ergonomischer Notwendigkeit Korrekturen vorgenommen werden müssen (Reparatur-Ergonomie), die in der Regel mit hohen Kosten und Zeitaufwand verbunden sind.
Überprüfung von ergonomischen Anforderungen
Zur Überprüfung der ergonomischen Anforderungen an Arbeitsplätze haben sich in der betrieblichen Praxis ergonomische Prüflisten bewährt, die z. B. der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Arbeitsmediziner oder dem Arbeitsplaner gestatten, einen Arbeitsplatz hinsichtlich der ergonomischen Gestaltung zu untersuchen, zu beurteilen und ggf. Änderungsmaßnahmen vorzuschlagen.
Zunehmend werden auch softwaregestützte Instrumente der Arbeitsgestaltung eingesetzt, die von 3D-Simulationen für Gestaltungsalternativen von Arbeitsplätzen bis hin zu ersten Formen der Virtual Reality zur Arbeitssystemgestaltung reichen.
Weitere Informationen:
Quellen
www.arbeit-und-gesundheit.de