Elektrostatische Aufladungen

Berühren sich zwei zuvor ungeladene Stoffe, so kommt es im Bereich ihrer gemeinsamen Grenzflächen in der Regel zu einem elektrostatischen Ladungsübertritt. Dieser Ladungsübertritt kann nach der Trennung auf beiden Stoffen zu einem Ladungsüberschuss gleicher Größe, aber entgegengesetzten Vorzeichens führen. Solche Aufladungsvorgänge treten auch beim Teilen eines Stoffes (Zerkleinern, Versprühen, Zerstäuben) auf, oder wenn Stoffe an Wänden entlang strömen (Flüssigkeiten, Staub).

Die Aufladungsvorgänge hängen u. a. von der Leitfähigkeit und Trenngeschwindigkeit der beteiligten Stoffe ab; bereits während der Ladungstrennung kann je nach Leitfähigkeit und Trenngeschwindigkeit ein Ladungsausgleich stattfinden.

Ist mindestens einer der Stoffe aufladbar, können gefährliche Aufladungen auftreten, z. B. beim Abheben aufladbarer Platten von einer leitfähigen oder nichtleitfähigen Unterlage, beim Reiben solcher Platten oder beim Strömen aufladbarer Flüssigkeiten durch leitfähige oder nichtleitfähige Rohre. Sind dagegen beide Stoffe hinsichtlich der Aufladbarkeit leitfähig, ist der Ladungsüberschuss vernachlässigbar klein.

Auf isolierten leitfähigen Gegenständen können gefährliche Aufladungen durch Influenz entstehen, d. h. durch die Beeinflussung eines elektrisch ungeladenen Körpers durch Annäherung eines geladenen. Bei strömenden Gasen werden deren Verunreinigungen (fest oder flüssig) oder die durch die Kondensation gebildeten festen oder flüssigen Anteile aufgeladen. Die Gase selbst laden sich nicht auf.

Aufladungen werden dann gefährlich, wenn sie zu zündfähigen Entladungen führen können, die in der Lage sind, Explosionen von Gasen und Stäuben zu verursachen.

Zündfähige Entladungen können auftreten zwischen:

  • einem isolierten oder geerdeten leitfähigen Gegenstand und einem aufgeladenen isolierten leitfähigen Gegenstand
  • zwischen einem isolierten oder geerdeten leitfähigen Gegenstand und einem aufgeladenen nichtleitfähigen Stoff.

Es gibt drei Arten von zündfähigen Entladungen: die Funkenentladung, die Büschelentladung und die Entladung in Form von Gleitstielbüscheln. Sie hängen von der Gestalt und den Eigenschaften der Gegenstände und von der Stärke der Aufladung ab. Die drei Arten lassen sich nicht immer scharf voneinander trennen.

Funkenentladungen entstehen bei der Annäherung von direkt oder durch Influenz aufgeladenen leitfähigen Gegenständen - vornehmlich aus Metall - an geerdete oder isolierte leitfähige Gegenstände.

Büschelentladungen treten vor allem bei der Entladung von aufladbaren nichtleitfähigen Stoffen auf. Als Elektroden kommen z. B. Rohrleitungen, Krümmer und Schrauben in Betracht. Eine Büschelentladung kann explosionsfähige Gas/Luft- oder Dampf/Luft-Gemische entzünden, wenn sie z. B. an einer leitfähigen Kugel oder ähnlich geformten leitfähigen Gegenständen mit einem Krümmungsradius von ca. 1 cm oder mehr auftritt. Dagegen sind Büschelentladungen, die an Spitzen entstehen, im Allgemeinen nicht zündfähig.

Bei Gleitstielbüschelentladungen bilden sich hell leuchtende Entladungskanäle auf der Oberfläche des nichtleitfähigen Gegenstandes. Die Entladungen sind an folgende Voraussetzungen gebunden:

  • die Aufladung eines aufladbaren Stoffes geringer Schichtdicke (kleiner als 8 mm) auf einer Unterlage hinreichenden Leitvermögens und
  • eine Flächenladungsdichte von mindestens etwa 2,5 x 10^-4 C/m².

Sie können z. B. auftreten bei Antriebsriemen für große Leistungen, bei aufladbaren Folien zwischen gestapelten Metallplatten, beim Abwickeln aufladbarer Folien und beim pneumatischen Fördern von Staub durch isolierend ausgekleidete Metallrohre. Die Zündfähigkeit der Gleitstielbüschel ist im Gegensatz zur Büschelentladung so groß, dass mit einer Entzündung brennbarer Stoffe im gesamten Explosionsbereich zu rechnen ist. Dies gilt auch für Staub/Luft-Gemische.

Wichtigste Schutzmaßnahme zur Verhütung elektrostatischer Aufladungen ist die Erdung. Elektrostatisch geerdet sind Gegenstände aus leitfähigen Stoffen, deren Ableitwiderstand gegen Erde nicht größer als 10^6 Ohm ist.

Auch die Aufladung von Personen kann durch Bewegung oder Influenz geschehen. Kleidungsstücke mit nicht ausreichender Leitfähigkeit begünstigen die Aufladung. Bei Berührung aufgeladener Gegenstände kann eine Aufladung auch durch Ladungsübertragung erfolgen.

Voraussetzung für eine Aufladung ist in jedem Fall ein isolierter Standort, z. B. Schuhsohlen aus nichtleitfähigen Materialien oder Fußböden mit nichtleitfähigem Belag. Die Aufladung von Personen kann so hoch sein, dass bei Annäherung an einen leitfähigen Gegenstand eine Funkenentladung erfolgt und explosionsfähige Gas/Luft- oder Dampf/Luft-Gemische oder explosionsgefährliche Stoffe entzündet werden. Die Entladung selbst ist für die Person nicht gesundheitsschädlich, sie kann aber zu Schreckreaktionen führen.

Quellen

www.arbeit-und-gesundheit.de