Disability Management
Mit dem "Disability Management" (DM) soll die Arbeitsfähigkeit leistungsgewandelter Beschäftigter erhalten und gefördert werden. Ziel ist es, Mitarbeitern mit gesundheitlichen Einschränkungen den Arbeitsplatz zu erhalten bzw. sie schnell wieder in ein Arbeitsverhältnis zu integrieren. In dem ganzheitlichen Ansatz des Disability Managements sind präventive und rehabilitative Maßnahmen eng verflochten.
Sozialpolitischer und -rechtlicher Hintergrund
Die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO) als Sonderorganisation der Vereinten Nationen hat 2001 in Genf einen "Leitfaden zum Management von Behinderung am Arbeitsplatz" (Code of practice on managing disability in the workplace) verabschiedet und den Mitgliedstaaten zur Umsetzung empfohlen.
Abzugrenzen ist DM vom betrieblichen Eingliederungsmanagement im Sinne des § 84 SGB IX. Das DM geht über die rechtlichen Mindestanforderungen an ein betriebliches Eingliederungsmanagement weit hinaus, so dass das betriebliche Eingliederungsmanagement als Teilaufgabe des DM aufgefasst werden kann.
Ziele und Vorgehen
Das vorrangige Ziel des DM besteht darin, die Fähigkeiten von Beschäftigten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit den konkreten Arbeitsplatzanforderungen des Betriebs in Einklang zu bringen. So kann die Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten wiederhergestellt und erhalten werden.
Dabei weist der Begriff "Management" darauf hin, dass eine aktive, planvoll strukturierte und umfassende Vernetzung verschiedener Akteure erforderlich ist, in der Aktivitäten und Leistungen gebündelt und damit Reibungsverluste vermieden oder minimiert werden. Zum Teil wird der Managementbegriff auch als Abgrenzung zu Ansätzen verstanden, die stärker die rechtliche Komponente in den Vordergrund stellen.
Aufgaben des Disability Managers
Die Aufgaben des Disability Managers bestehen vor allem in der frühzeitigen Erkennung von Unterstützungsbedarf bei Beschäftigten und in der gezielten Koordination möglicher Maßnahmen. Hierzu muss er zunächst ein DM im Unternehmen etablieren, indem er den betrieblichen Akteuren - Arbeitgeber und Führungskräften, Betriebsrat und Beschäftigten - den Ansatz bekannt macht und eine realistische Sichtweise der Vorteile und Grenzen eines DM vermittelt. Der Disability Manager steht dem Betrieb sodann als Ansprechpartner und als Berater zur Verfügung. Als Netzwerker strukturiert und koordiniert er das Zusammenwirken aller Beteiligten, das sich je nach betrieblicher Struktur und Problemlage im Einzelfall unterschiedlich gestaltet. In der Praxis bewährt sich dabei das Modell des "Runden Tisches", bei dem neben Beschäftigtem und Arbeitgebervertreter auch Betriebsrat, Betriebs- oder Werksarzt, die betroffenen Sozialleistungs- und Rehabilitationsträger (aus Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit) und die Leistungserbringer (Ärzte, stationäre und ambulante Rehabilitationseinrichtungen) ihre Anstrengungen bündeln. Der Kreis, der auch als "Integrationsteam" bezeichnet wird, kann erweitert werden, etwa bei Schwerbehinderten durch Vertreter des Integrationsamtes und die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung oder durch Hinzuziehen des Vertreters einer privaten Versicherung, mit der den Beschäftigten ein Vertragsverhältnis verbindet.
DM kann nur Erfolg haben, wenn der betroffene Mitarbeiter aktiv einbezogen wird. Teilweise werden hierbei Ansätze des salutogenetischen Konzepts nach Aaron Antonovsky (1923-1994) in die Praxis umgesetzt. Dieser Ansatz geht weg vom Bild des Betroffenen als "Versorgungsempfänger" (Patient; Objekt) und bezieht den Betroffenen aktiv in Planung, Entscheidungen und Durchführung des Rehabilitationsprozesses ein. Dabei wird das Augenmerk nicht auf seine krankheitsbedingten Einschränkungen (Pathogenese) gerichtet, sondern auf die verbliebenen Fähigkeiten und Ressourcen (Salutogenese). Nach diesem Verständnis ist der Disability Manager Partner des Betroffenen und übernimmt in erster Linie eine Lotsenfunktion. Wird er auf Veranlassung des Arbeitgebers oder eines Sozialversicherungsträgers tätig, können sich für den Disability Manager Rollenkonflikte ergeben, wenn beim Auftraggeber und beim Betroffenen unterschiedliche Erwartungen und widerstreitende Interessen vorhanden sind.
Professionalisierung des Disability Managements
Im engeren Sinne ist unter Disability Manager derjenige zu verstehen, der ein Zertifikat nach den Standards des kanadischen National Institute of Disability Management and Research (NIDMAR) erworben hat. Das Institut mit Sitz in Victoria, British Columbia, hat für das internationale Disability Management eine Vorreiterrolle. Es hat insbesondere zwei Ausbildungsgänge konzipiert, die international durchgeführt werden und deren Abschlüsse internationalen Standards entsprechen: Den Certified Disability Management Professional (CDMP), dessen Aufgabenschwerpunkte in der Schaffung der betrieblichen Rahmenbedingungen für ein DM und in der Koordination liegen, und den Return-to-work-Coordinator (RTWC), der stärker die Einzelfallbetreuung im Betrieb im Blick hat. Für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland hat NIDMAR der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung die Lizenz zur Zertifizierung übertragen; die in 25 Module aufgegliederte Weiterbildung wird von verschiedenen Bildungsträgern angeboten.
Im November 2005 waren 300 Personen in Deutschland zum Disability Manager zertifiziert. Großer Wert wird auf die kontinuierliche Weiterbildung der bereits zertifizierten Disability Manager gelegt; sie haben die Teilnahme an entsprechenden Fachveranstaltungen zur Aufrechterhaltung ihres Zertifikats regelmäßig nachzuweisen.
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Quellen