Change Management
Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren resultieren primär aus Ängsten, die mit Veränderungsprozessen einhergehen und die sich seelisch und körperlich niederschlagen. Typisch sind auf der psychischen Ebene Konzentrationsstörungen, Selbstzweifel, Verunsicherung und Pessimismus. Auf der körperlichen Ebene zeigen sich z. B. Schlafstörungen, Anspannung, Kopfschmerzen, Herz-Kreislauf-Probleme, Alkoholkonsum, Verdauungsstörungen oder Nervosität.
Sobald eine Veränderung angekündigt wird, fragt der Mensch sich "Ist das für mich bedrohlich?" Falls ja, fragt er sich "Kann ich das bewältigen?". Die Antwort auf diese Frage hängt von vielen Faktoren ab, z. B. von Erfahrungen in der Vergangenheit, Selbstwertgefühl, körperlicher Verfassung oder zwischenmenschlicher Unterstützung durch Familie oder Kollegen. Falls der Mensch zu dem Schluss kommt, dass eine Situation für ihn nicht zu bewältigen ist, hat er - als Relikt aus der Urzeit - drei Reaktionsmöglichkeiten: Flucht, Totstellen oder Angriff. Diese Möglichkeiten stehen dem Menschen in modernen Unternehmen nicht zur Verfügung, aber die emotionalen Entsprechungen der drei Reaktionsarten sind nach wie vor aktuell: Angst, Leugnen und Wut. Sie beschreiben zugleich die erste Phase der so genannten Change-Kurve, nämlich die Schockphase (Phase 1). Diese wird abgelöst von der Abschiedsphase (Phase 2): Hier kommt es häufig zum Rückzug und manchmal zu einer depressiven Episode. Wichtig ist in dieser Phase das Gefühl der Trauer. Erst wenn diese Phase durchschritten ist, ist der Mensch reif für Phase 3, nämlich für die Neuorganisation. Das bedeutet Akzeptanz der Situation, neue Energie, Pläne schmieden. Wie lange jemand zur Bewältigung der einzelnen Phasen braucht, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Der Prozess lässt sich nicht um Phase 2 abkürzen, wenn der Betroffene einmal in Phase 1 geraten ist (Abbildung).
Um gesundheitlich nachteilige Folgewirkungen von Veränderungsprozessen zu verhindern, muss von allen Seiten im Unternehmen versucht werden, das Erleben von Unsicherheit bei den Beschäftigten zu reduzieren. Die frühzeitige Einbindung von Mitarbeitern in Entscheidungen ist die beste Maßnahme zur Prävention. Menschen reagieren auf Veränderungen häufig verunsichert mit Skepsis bis hin zum Widerstand. Das ist eine natürliche Reaktion, die jeder Verantwortliche einplanen muss, der von anderen eine Verhaltensveränderung verlangt. Einbindung gibt Sicherheit, baut damit Ängste ab und erhöht die Motivation der Beschäftigten, die Veränderungen mitzutragen.
Wo eine Einbindung der Mitarbeiter nicht möglich ist, sollte umfassende und möglichst persönliche (nicht schriftliche) Information an ihre Stelle treten. Anderenfalls entstehen schnell Gerüchte. Diese füllen Informationslücken und sind daher ein ernstzunehmender Hinweis auf Kommunikationsbedarf.
Die Anpassung an eine Veränderung, z. B. an das Übernehmen neuer Aufgaben, geht grundsätzlich mit einem Leistungseinbruch einher, der so stark sein kann, dass sogar Routinetätigkeiten nicht mehr in der gewohnten Qualität verrichtet werden können ("veränderungsbedingte Verblödung"). Die Zeit dafür muss von Seiten der Führungskräfte eingeplant werden. Andernfalls reagieren die Beschäftigten mit Verunsicherung und Anspannung. Ihr Stressniveau erhöht sich, und damit auch die Fehlerhäufigkeit und Unfallgefahr. Wichtig ist auch, den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass Fehler erlaubt sind. Gerade in Zeiten von Veränderungen brauchen Menschen Bestätigung und Anerkennung von außen, auch für kleine Schritte, um ihr Selbstvertrauen zu stabilisieren und sich die neuen Aufgaben zuzutrauen.
Quellen