Biomechanik
Mit Hilfe biomechanischer Erkenntnisse (Körperkräfte, Körpermaße und -winkel) sowie biomechanischer Methoden (Biostatik, Biodynamik, Bioenergetik) lassen sich die mechanische Arbeit des Menschen exakt beschreiben und unterschiedliche Tätigkeiten vergleichen. Tätigkeiten, Arbeitsplätze sowie Arbeits- und Betriebsmittel können u. a. auf Grund der Erkenntnisse der Biomechanik im Zusammenhang mit Erkenntnissen anderer arbeitswissenschaftlicher Teildisziplinen menschengerecht gestaltet und optimiert werden.
Körperkräfte und -momente treten sowohl bei unbewegter Körperhaltung (statische Muskelarbeit) als auch bei Bewegungen des Körpers und der Gliedmaßen (dynamische Muskelarbeit) auf, z. B. beim Heben und Tragen von Lasten. Bei der Beurteilung der Kräfte muss unterschieden werden zwischen Muskel- und Massenkräften, die innerhalb des Körpers wirken, und Aktionskräften, die vom Menschen nach außen abgegeben werden. Begriffe und Zusammenhänge für die Ermittlung von Körperkräften sind in DIN 33411 "Körperkräfte des Menschen" (Teile 1-5) wiedergegeben. Angaben zur Höhe der maximalen statischen Aktionskräfte sind in Abhängigkeit von Randfaktoren (Kraftrichtung, Kraftangriffspunkt usw.) im Teil 4 enthalten. Weiterhin finden sich Angaben in DIN EN 1005-1 "Sicherheit von Maschinen - Menschliche körperliche Leistung - Teil 1 Begriffe".
Situationen, bei denen der Mensch keine Bewegungen ausführt, der Mensch somit als starrer Körper betrachtet werden kann, werden mit Hilfe der Biostatik analysiert. Mit Hilfe maßstabsgetreuer grafischer Darstellungen des menschlichen Körpers und der darstellenden Geometrie können die Reaktionskräfte an Stützflächen, die Schwerpunktlage von Körper und Körperteilbereichen in verschiedenen Haltungen, die Gleichgewichtsbedingungen, die Muskelmomente und der Kräftefluss durch den Körper ermittelt werden.
Biostatische Analysen können zur Optimierung der Körperhaltung, zur Ermittlung der Standfestigkeit bei der Betätigung von Hand- und Fußstellteilen, zur richtigen Anordnung von Bedienteilen, zur Ableitung von statischen Kräften an der Wirbelsäule beim Halten von Gewichten usw. eingesetzt werden.
Die Biodynamik beschäftigt sich mit den mechanischen Auswirkungen äußerer und innerer Kräfte auf den menschlichen Körper, bei denen sich Lage und Größe der Kräfte ändern und bei denen Bewegungen der Körperteile erfolgen. Neben den geometrischen Kriterien muss bei dynamischen Vorgängen zusätzlich der zeitliche Verlauf der Bewegung (gleichförmig oder ungleichförmig) beurteilt werden.
Typische Beispiele biodynamischer Analysen sind die Beschreibung des Schwingungsverhaltens des menschlichen Körpers im Sitzen bei Einleitung von Schwingungen in das Gesäß und die Ableitung der daraus resultierenden Kräfte im Bereich der Lendenwirbelsäule oder die Abschätzung von Kräften in Gelenken und an Muskel- und Sehnenansätzen durch dynamische Tätigkeiten wie Schaufeln, Feilen, Transportieren von Lasten usw.
Einen besondereren Bereich der Biomechanik stellt die Bioenergetik dar. Sie beschreibt die Energetik des arbeitenden Menschen und behandelt die Größen Arbeit, Leistung und Wirkungsgrad unter dem Gesichtspunkt des Energiebedarfs und des Energieumsatzes.
Als Arbeit ist die Menge mechanischer Energie definiert, die während eines mechanischen Prozesses umgesetzt wird. Die während einer Zeiteinheit geleistete Arbeit wird als Leistung bezeichnet. Der Begriff Arbeit meint in der Biomechanik ausschließlich dynamische Arbeit, da es für den Bereich statische Arbeit keine relevanten energetischen Kriterien gibt. In letzterem Bereich ist das Produkt aus Kraft und Zeit für die biomechanische Beurteilung von besonderer Bedeutung.
In der Energetik der mechanischen Arbeit geht es nicht nur um die nach außen abgegebene mechanische Energie, sondern auch um die vom Organismus für seine biologischen und physikalischen Funktionen benötigte Energie. In Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Körpergewicht benötigt der Körper für seine biologischen Grundfunktionen einen bestimmten Energieaufwand, der als Grundumsatz bezeichnet wird. Bei dynamischer Arbeit wird der von der Intensität abhängige Energiebedarf als Arbeitsumsatz bezeichnet. Der Arbeitsenergieumsatz gibt als indirektes summarisches Maß Auskunft über die energetischen Anforderungen bei einer mechanischen Arbeit.
Werden Grundregeln der Biomechanik bei der Arbeitsplatzgestaltung nicht berücksichtigt, können Leistungsbeeinträchtigungen, erhöhte Unfallgefährdung und Beeinträchtigungen der Gesundheit die Folge sein.
Quellen