Biologische Arbeitsstoffe

Gemäß der Biostoffverordnung (BioStoffV) sind biologische Arbeitsstoffe Mikroorganismen, einschließlich gentechnisch veränderter Mikroorganismen, Zellkulturen und humanpathogener Endoparasiten, die Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können.

Infektiöse Eigenschaften von biologische Arbeitsstoffen:

  • die Spezies des biologischen Arbeitsstoffes bekannt ist,
  • die Tätigkeit auf den biologischen Arbeitsstoff unmittelbar ausgerichtet ist und
  • die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.

Wenn auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben ist, handelt es sich um nicht gezielte Tätigkeiten. Zu den Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zählen neben dem Herstellen und Verwenden von biologischen Arbeitsstoffen der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten, Gegenständen und Materialien, wenn dabei biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und Beschäftigte mit den biologischen Arbeitsstoffen direkt in Kontakt kommen können. Als Beispiel für den weit gefassten Tätigkeitsbegriff der BioStoffV seien Forstarbeiten in Gebieten genannt, in denen mit FSME-Erregern belastete Zecken verbreitet sind.

Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze kommen seit Urzeiten in der Natur vor. Viele von ihnen übernehmen wichtige Aufgaben in den Stoffkreisläufen der Natur. Auch die Darmflora des Menschen oder die natürliche Besiedlung der Haut mit Bakterien können als positive Beispiele für die Nützlichkeit von Mikroorganismen genannt werden. Daneben gibt es jedoch Mikroorganismen, die dem Menschen durch ihre krankmachenden Eigenschaften schaden können. Zu einer Erkrankung kommt es, wenn:

  • ein Aufnahmepfad in den Körper vorhanden ist
  • Anzahl und Aggressivität der Erreger entsprechend groß sind
  • keine Immunität vorliegt.

Aufnahmepfade sind:

  • das Einatmen in die Lunge
  • das Eindringen durch die Haut (insbesondere bei Schnitt- oder Stichverletzungen) oder die Schleimhaut
  • die Aufnahme durch den Mund (Essen, Trinken oder Rauchen mit verschmutzten Händen).

Ist das Immunsystem eines Menschen geschwächt (z. B. bei regelmäßiger Einnahme von bestimmten Medikamenten, nach Operationen, bei bestehenden Erkrankungen), können auch sonst eher harmlose Mikroorganismen eine Erkrankung verursachen. Das Immunsystem kann aber auch bestens gewappnet sein, z. B. durch Impfung oder schon bestehende Immunität nach einer überstandenen Infektion.

Sensibilisierende Eigenschaften von biologische Arbeitsstoffen:

Arbeitsschutzvorschriften:

Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung werden die Tätigkeiten den Schutzstufen 1 bis 4 zugeordnet. Sicherheitsmaßnahmen der einzelnen Schutzstufen sind den Tabellen der Anhänge II (Laboratorien und laborähnliche Einrichtungen) und III (übrige Bereiche) der BioStoffV zu entnehmen, wobei bei nicht gezielten Tätigkeiten für Anhang III eine Auswahlmöglichkeit besteht.

Schutzmaßnahmen bei biologische Arbeitsstoffen:

Als mögliche Schutzmaßnahmen bei gezielten Tätigkeiten sind generell zu nennen:

  • Ersatz eines Mikroorganismus durch einen weniger gefährlichen Organismus
  • technische Maßnahmen (Sicherheitswerkbänke, Einschließungen, Absaugungen usw.)
  • organisatorische Maßnahmen (z. B. Begrenzung der Zahl der Beschäftigten in bestimmten Arbeitsbereichen, Zugangsbeschränkungen)
  • Hygienemaßnahmen (z. B. Desinfizieren)
  • persönliche Maßnahmen (z. B. Schutzkleidung, Schutzbrille, Schutzhandschuhe, Atemschutz)
  • Schutzimpfungen.

Die Maßnahmen orientieren sich gemäß BioStoffV am Stand der Technik. Gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder 4 bzw. nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung dürfen nur fachkundigen und eingewiesenen Personen übertragen werden. Solche Tätigkeiten sind der zuständigen Behörde spätestens 30 Tage zuvor anzuzeigen.

Insbesondere für nicht gezielte Tätigkeiten geben vom ABAS erstellte TRBA und branchenspezifische Regeln der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung eine Hilfestellung bei der Gefährdungsbeurteilung und beschreiben auch geeignete Schutzmaßnahmen. Typische Präventionsmaßnahmen bei nicht gezielten Tätigkeiten sind:

  • gute Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen verhindern, z. B. durch regelmäßige Wartung und Reinigung von Einrichtungen (Sortierbänder in Wertstoffsortieranlagen, Klimaanlagen, Luftbefeuchter)
  • Aerosol- und Staubbildung vermeiden
  • Absaugungen verwenden
  • im Gesundheitsdienst verletzungsarme Instrumente (z. B. sichere Spritzen) verwenden.

Aufnahmepfade blockieren:

  • bei Aerosolbildung Schutzbrille und Atemschutzmaske mit P2- oder P3-Filter bzw. partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder FFP3 tragen
  • Schnitt- und Stichverletzungen vermeiden, Schutzhandschuhe tragen, gebrauchte Kanülen in stichfesten Behältern sammeln
  • bei starker Beanspruchung der Haut, z. B. durch ständigen Kontakt mit Wasser oder wässrigen Lösungen, Hautschutzcremes oder -lotionen verwenden
  • in betroffenen Arbeitsbereichen nicht essen, trinken oder rauchen
  • vor Pausen oder nach Beendigung der Arbeit Hände waschen (ggf. desinfizieren)
  • verunreinigte Arbeitskleidung oder Schutzkleidung nach Beendigung der Arbeit waschen oder ggf. desinfizieren.

Gefahrenbereiche sind mit dem Warnzeichen W16 Warnung vor Biogefährdung (Abbildung) zu kennzeichnen. Ggf. sind Schutzimpfungen anzubieten (z. B. gegen Tetanus, Hepatitis A, B).

Die Unterweisung der Beschäftigten über die auftretenden Gefahren, erforderlichen Schutzmaßnahmen und das Verhalten bei Unfällen oder Störungen erfolgt anhand einer Betriebsanweisung, in der arbeitsbereichs- und stoffbezogen auf die vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe eingegangen wird.

Zur Überprüfung, ob technische Maßnahmen ausreichend sind, können Messungen der Keimbelastung in der Luft am Arbeitsplatz dienen. Aussagen zur Messstrategie und zur Bedeutung eines Technischen Kontrollwertes (TKW) werden in der TRBA 405 getroffen. Messverfahren zur Bestimmung von Bakterien-, Schimmelpilz- und Endotoxinkonzentrationen werden in der BGIA-Arbeitsmappe beschrieben.

Üben Beschäftigte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen aus, die in Anhang IV BioStoffV genannt sind, müssen sie gemäß BioStoffV zuvor arbeitsmedizinisch untersucht worden sein. Bei nicht gelisteten Tätigkeiten/Infektionserregern müssen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen angeboten werden, wenn die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Schutzstufe 3 zuzuordnen sind. Bei Tätigkeiten, die der Schutzstufe 2 zuzuordnen sind, sind solche Untersuchungen ebenfalls anzubieten, es sei denn, nach der Gefährdungsbeurteilung und auf Grund der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht von einer Infektionsgefährdung auszugehen.


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