Betriebssicherheitsverordnung
Die Betriebssicherheitsverordnung (Abbildung) (BetrSichV) stützt sich auf das Arbeitsschutzgesetz (insbesondere im 2. Abschnitt) und auf das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (insbesondere im 3. Abschnitt). Sie verfolgt das Ziel eines deregulierenden, geordneten und einheitlichen Anlagensicherheitsrechts (Abbildung) durch die Elemente
- der einheitlichen Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel (wie in § 5 des Arbeitsschutzgesetzes vorgegeben)
- der sicherheitstechnischen Bewertung für den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen
- der vorgegebenen Schutzmaßnahmen und Prüfungen
- der Mindestanforderungen an die Beschaffenheit von Arbeitsmitteln, soweit sie nicht schon europäisch oder spezialgesetzlich geregelt sind.
Ergänzt wird die Betriebssicherheitsverordnung durch die Technischen Regeln zur Betriebssicherheit (TRBS) und in einer weiteren Stufe durch qualitätsgesicherte Handlungshilfen, z. B. durch Berufsgenossenschaftliche Informationen (BGI). Die Technischen Regeln zur Betriebssicherheit sind im Internet bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) verfügbar.
Wie gliedert sich die Betriebssicherheitsverordnung?
Die BetrSichV gliedert sich in vier Abschnitte (Abbildung):
- 1. Abschnitt: allgemeine Vorschriften
- 2. Abschnitt: gemeinsame Vorschriften für Arbeitsmittel
- 3. Abschnitt: besondere Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen
- 4. Abschnitt:gemeinsame Vorschriften, Schlussvorschriften und Anhänge 1 bis 5.
zu 1. Abschnitt:
Die BetrSichV findet grundsätzlich für die Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch Arbeitgeber sowie für die Benutzung von Arbeitsmitteln durch Beschäftigte bei der Arbeit Anwendung (Abbildung). Ebenso umfasst der Anwendungsbereich bestimmte überwachungsbedürftige Anlagen, Aufzugsanlagen und Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen.
Was unter einer "Änderung" bzw. einer "wesentlichen Veränderung" überwachungsbedürftiger Anlagen zu verstehen ist, erläutert § 2 "Begriffsbestimmungen" der BetrSichV. Grundlage ist das Sicherheitsniveau der Anlage. Auch der Begriff des Arbeitsmittels ist hervorzuheben. Er ist eng verknüpft mit dem Begriff der Bereitstellung und der Benutzung.
zu 2. Abschnitt:
Dieser Abschnitt richtet sich an den Arbeitgeber. Kern ist die in § 3 BetrSichV geforderte Gefährdungsbeurteilung (Abbildung) gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz. Sie beschreibt die ganzheitliche Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen. Der Stand der Technik muss hierbei berücksichtigt werden (siehe TRBS 1111 "Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung").
Der Arbeitgeber muss nach §§ 5 und 6 der BetrSichV explosionsgefährdete Bereiche einteilen (siehe Anhang 3) und in einem Explosionsschutzdokument schriftlich dokumentieren. Dazu sind das Auftreten einer explosionsfähigen Atmosphäre, deren Zündungswahrscheinlichkeit und die Auswirkungen einer möglichen Explosion zu beurteilen.
Die Anforderungen an die Bereitstellung und das Benutzen von Arbeitsmitteln sind an den Begriff der "Vermutungswirkung" geknüpft. Genügt ein Arbeitsmittel den Anforderungen der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichten Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), so werden die Anforderungen der BetrSichV als erfüllt angesehen. Zunächst ist es richtig, die Regelungen der jeweiligen Unfallverhütungsvorschriften sowie den darin angegebenen Stand der Technik zu befolgen.
Die Anforderungen an die Beschaffenheit von Arbeitsmitteln verweisen auf die im europäischen Gemeinschaftsrecht niedergelegten Vorschriften, die durch deutsche Verordnungen umgesetzt werden. Das bedeutet für den Betreiber, dass ein Arbeitsmittel auf dem Stand der Technik gehalten werden muss, auf dem es war, als es erstmals in der europäischen Gemeinschaft richtlinienkonform in Verkehr gebracht wurde. Altmaschinen, die vor 1993 nach den Regeln der Unfallverhütungsvorschriften gebaut und in Verkehr gebracht wurden, müssen diesen genügen, mindestens jedoch dem Anhang 1 der BetrSichV (siehe z. B. TRBS 2111 "Mechanische Gefährdungen - Allgemeine Anforderungen").
Die Prüfung von Arbeitsmitteln nach § 10 BetrSichV hängt eng mit dem Begriff Befähigte Person zusammen. Es wird unterschieden in:
- Prüfungen von Arbeitsmitteln, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt
- Prüfungen von Arbeitsmitteln, die schädigenden Einflüssen unterliegen, z. B. Materialveränderung durch Hitze oder Materialermüdung durch Dauerbelastung
- Wiederholungsprüfungen.
Prüffristen für Arbeitsmittel ermittelt der Arbeitgeber anhand der technischen Regeln und der Gefährdungsbeurteilung. Ziel dieser Ermittlung soll sein, Schäden an Arbeitsmitteln rechtzeitig zu erkennen und zu beheben und somit die Einhaltung eines sicheren Betriebs zu gewährleisten. Hilfestellungen dazu finden sich in der Reihe TRBS 1110 "Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung" sowie in der Reihe TRBS 1200 "Prüfungen".
Die Funktion der Befähigten Person beschränkt sich ausschließlich auf Prüfungen von Arbeitsmitteln nach § 10 BetrSichV und setzt die entsprechende Fachkenntnis voraus. Es ergibt sich ein Zusammenwirken der (prüfenden) Befähigten Person und der Fachkraft für Arbeitssicherheit, die ihrerseits prüft, ob das Sicherheitskonzept eines Arbeitsmittels in die Gesamtkonzeption des Arbeitsschutzes im Unternehmen passt. Hinweise zur Auswahl Befähigter Personen enthalten die Unfallverhütungsvorschriften, die Berufsgenossenschaftlichen Informationen sowie die Vorschriften des so genannten Maschinenaltbestandes, die in der BGR 500 zusammengefasst sind.
Bei der Benutzung von Arbeitsmitteln unter besonderer Gefährdung muss der Arbeitgeber Maßnahmen treffen, dass nur beauftragte Beschäftigte diese Arbeitsmittel benutzen können. Dazu zählen z. B. Kräne, Pressen, Kreissägen, Flurförderzeuge, Aufzüge oder Dampfkessel. Die Unterweisung informiert die Beschäftigten über die aus der Gefährdungsbeurteilung ermittelten Gefahren. Als Grundlage der Unterweisung dient eine Betriebsanweisung. Spezielle Unterweisungen sind für beauftragte Beschäftigte gefordert, z. B. für Gerüstbau, Zugangs- und Positionierverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen oder Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen.
zu 3. Abschnitt:
- Veranlassung von Prüfungen vor Inbetriebnahme und von wiederkehrenden Prüfungen (Abbildung)
- Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs nach dem Stand der Technik
- Reaktion auf Notrufe aus einem Aufzug in angemessener Zeit
- Stilllegung von ÜA beim Auftreten von schweren Mängeln
- Übermittlung einer Unfall- und Schadensanzeige an die zuständige Behörde bei Vorkommnissen, die ihre Ursache in der ÜA haben.
Für den Betrieb einer ÜA ist ein Erlaubnisverfahren mit Gutachten erforderlich bei:
- Dampfkesselanlagen der Kategorie IV
- Füllanlagen für Druckgase > 10 kg/h
- Anlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 a-c für hochentzündliche und leichtentzündliche Stoffe
- Änderungen der Bauart oder wesentlichen Änderungen der Betriebsweise (Stand der Technik beachten) sowie
- Flugfeldbetankungsanlagen.
Für Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen ist kein Gutachten erforderlich. Der Antrag muss an die zuständige Behörde gesendet werden. Die Erlaubnis gilt als erteilt, wenn die zuständige Behörde nicht binnen drei Monaten die Montage und Installation untersagt hat.
Für die Prüfung von ÜA sind in der BetrSichV maximale Prüffristen festgelegt. Geprüft wird von zugelassenen Überwachungsstellen (auch Prüfstellen von Unternehmen nach § 21 Abs. 3) (Abbildung)und bei Anlagen gemäß § 14 Abs. 3 BetrSichV von Befähigten Personen (bisher z. B. Sachkundige Druckbehälter) (Abbildung).
Auch im Bereich der ÜA werden zurzeit neue TRBS erarbeitet (Reihe 3000 "Spezifische Regeln für Arbeitsmittel, überwachungsbedürftige Anlagen oder Tätigkeiten"). Nach Ablauf der Übergangsfristen werden Prüfungen von ÜA nicht mehr von amtlich anerkannten Sachverständigen durchgeführt, sondern von durch die Bundesländer zugelassenen, akkreditierten und benannten Überwachungsstellen.
Die neuen Regelungen bei druckbehafteten ÜA betreffen:
- Änderung des Anwendungsbereiches auf p > 0,5 bar
- Gruppeneinteilung bei Fluiden
- Druck-/Volumengrenzen, die aus der Druckgeräte-Richtlinie übernommen sind
- Entfall der nationalen Bauartzulassung
- Änderung der Bezeichnungen "Kesselwärter" in "Beauftragter Beschäftigter" und "Sachkundiger" in "Befähigte Person".
Bestellspezifikationen für Druckanlagen müssen damit auch die beabsichtigte Prüffrist beinhalten. Bei den Regelungen zu Aufzugsanlagen entfallen die Anzeige an den Sachverständigen sowie die Bauteilprüfung und die Zwischenprüfung von Bauaufzügen und Fassadenbefahranlagen. VbF-Anlagen: Der Betrieb von Lageranlagen mit > 10.000 Liter, Füllstellen mit einer Durchlaufmenge von > 1.000 Liter/h, Tankstellen, Flugfeldbetankungsanlagen sowie Entleerstellen mit Durchlaufmenge > 1.000 Liter/h wird in drei Klassen eingeteilt:
- entzündliche Flüssigkeiten
- leicht entzündliche Flüssigkeiten
- hochentzündliche Flüssigkeiten.
Betrieblicher Explosionsschutz: Alle Gefahren, die sich aus dem Betrieb von Anlagen nach der 11. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz ergeben (Montage, Installation, Betrieb) werden in der BetrSichV geregelt. Betrieblicher Explosionsschutz erstreckt sich auch auf den nicht-elektrischen Bereich. Prüfungen der Explosionssicherheit sind nach Anhang 4 Nr. 3.8 bei neuen Arbeitsplätzen durchzuführen und in der TRBS 1201 Teil 2 "Prüfkonzepte im Explosionsschutz" (zurzeit in Arbeit; Stand: 2007) weiter spezifiziert. Für alle Betriebe, in denen mit gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre zu rechnen ist, muss ein Explosionsschutzdokument nach Anhang 4 der BetrSichV erstellt sein.
zu 4. Abschnitt:
Anhang 1 beschreibt die Mindestvorschriften für Arbeitsmittel gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2. Dort heißt es: "Für bereits in Betrieb genommene Arbeitsmittel braucht der Arbeitgeber zur Erfüllung der nachstehenden Mindestvorschriften nicht die Maßnahmen gemäß den grundlegenden Anforderungen für neue Arbeitsmittel zu treffen, wenn
- a) der Arbeitgeber eine andere, ebenso wirksame Maßnahme trifft, oder
- b) die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist."
Außerdem ist Abschnitt 3 in Anhang 1 "Zusätzliche Mindestvorschriften für besondere Arbeitsmittel" besonders zu beachten.
Anhang 2 legt Mindestvorschriften bei der Benutzung von Arbeitsmitteln fest und stellt eine Konkretisierung von § 3 Arbeitsschutzgesetz dar. Besondere Anforderungen werden aufgestellt für die Benutzung mobiler selbstfahrender und nicht selbstfahrender Arbeitsmittel, von Arbeitsmitteln zum Heben von Lasten und von Arbeitsmitteln, die für zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen bereitgestellt werden, hier besonders mit Blick auf Baustellen.
Anhang 3 beschreibt die Unterteilung von explosionsgefährdeten Bereichen in Zonen nach Häufigkeit und Dauer des Auftretens von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre. Hierbei wird unterteilt in explosionsfähige Luft-Gemische mit brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln (Zonen 0 bis 2) und in gefährliche explosionsfähige Atmosphären in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren Staub (Zonen 20 bis 22).
Anhang 4 beschreibt Mindestvorschriften zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten, die durch gefährliche explosionsfähige Atmosphäre gefährdet werden können, und Kriterien für die Auswahl von Geräten und Schutzsystemen Genannt werden organisatorische Maßnahmen wie die Unterweisung der Beschäftigten und Explosionsschutzmaßnahmen. Maßgeblich sind hier die Ergebnisse aus der Gefährdungsbeurteilung und die Angaben im Explosionsschutzdokument.
Das technische Regelwerk zu außer Kraft gesetzten Verordnungen bleibt so lange erhalten, bis es durch die auf die BetrSichV gestützten technischen Regeln ersetzt worden ist. Erarbeitet werden die technischen Regeln vom Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) und seinen Unterausschüssen. Im ABS sind Mitglieder vertreten:
- der öffentlichen und privaten Arbeitgeber
- der Gewerkschaften
- der Länderbehörden
- der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
- der zugelassenen Stellen
- der Hochschulen und der Wissenschaft.
Ergänzt werden die technische Regeln durch fach- und branchenspezifische Handlungshilfen, z. B. der Berufsgenossenschaften. Darin besteht ein wesentlicher Unterschied zu anderen technischen Regeln, z. B. aus dem Gefahrstoffbereich. Während die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) konkrete Maßnahmen nennen, bleiben die Technischen Regeln für Betriebssicherheit eher allgemein. Grund dafür ist die Vielzahl möglicher branchenspezifischer Maßnahmen. Die Anwendung dieser beispielhaft genannten Maßnahmen löst die Vermutungswirkung aus. Erläuterungen zu den beispielhaft genannten Maßnahmen geben eine praktische Hilfe, ohne jedoch vermutungswirkend zu sein.
Weitere Informationen zum Thema: