Der erlösende Piks
Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion überwacht rund um die Uhr die Stromflüsse, Spannung und Frequenz in Europa in Echtzeit. Die Ingenieure, die in der Hauptschaltleitung in Brauweiler die Energiewelt im Blick haben, können nicht ins Homeoffice wechseln. Ihnen und der ganzen Belegschaft hat das Unternehmen deshalb ein Impfangebot gegen COVID-19 gemacht. Dank des Einsatzes von BAD-Impfteams sind nun zahlreiche Mitarbeitende durch die Impfungen geschützt.
Hierzulande verlassen wir uns darauf, dass der Strom verlässlich aus der Steckdose kommt. Mit verantwortlich dafür, dass für rund 500 Millionen Menschen in Deutschland und Europa im wahrsten Sinn des Wortes das Licht nicht ausgeht, sind die Schaltingenieure in der neuen Hauptschaltleitung beim Übertragungsnetzbetreiber Amprion in Brauweiler nahe Köln. Rund um die Uhr überwachen sie die Stromflüsse, Spannung und Frequenz in Echtzeit. Die Ingenieure beobachten die Netze von Frankreich bis nach Tschechien und von Dänemark bis nach Italien. Auch in einer künftigen klimaneutralen Energiewelt, in der immer mehr Wind- und Solarstrom in das Energiesystem zu integrieren ist, kommt der Hauptschaltleitung eine Schlüsselrolle zu. Doch auch hier gilt: Ohne qualifiziertes Personal nutzt die modernste Technik nichts.
Amprion hat deshalb seit Beginn der Coronapandemie besondere Sorgfalt walten lassen, um die Gesundheit der eigenen Mitarbeitenden zu schützen. „Für die Beschäftigten in den Leitwarten sowie in den für die Aufrechterhaltung des Netzes zwingend notwendigen technischen Teams gelten besondere Anforderungen. Wir haben frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um den zuverlässigen Betrieb in diesen Bereichen sicherzustellen“, unterstreicht Guido Stüber, Leiter Arbeitssicherheit und Umweltschutz bei Amprion.
Warten auf Impftermin hat ein Ende
Deshalb war es für den Übertragungsnetzbetreiber selbstverständlich, seinen insgesamt rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von denen 250 am Standort Brauweiler tätig sind, ein Angebot für die COVID-19-Impfung zu machen. Insbesondere im Blick hatte das Unternehmen dabei die etwa 700 Beschäftigten, die aus betrieblichen Gründen nicht von zu Hause aus arbeiten können, wie die Mitarbeitenden in der Systemführung. „Wir wissen, dass die mit der Coronapandemie einhergehenden Einschränkungen für viele Menschen sehr belastend waren und noch immer sind. Als Unternehmen haben wir deshalb ein großes Interesse daran, unsere Mitarbeitenden so gut wie möglich durch diese Zeit zu begleiten“, sagt Stüber. „Dazu zählt für uns eben auch die Möglichkeit, dass sie von einem Impfangebot Gebrauch machen können. Viele Mitarbeitende hätten andernfalls noch länger auf einen Impftermin warten müssen.“ Amprion hat dafür im Juni an den Standorten in Dortmund und Brauweiler eigene Impfstraßen eingerichtet. In Brauweiler hat man zum Beispiel ein Gebäude mit Besprechungsräumen umfunktioniert zu Anmeldung, Impfzimmer und Beobachtungsbereich. Die BAD-Betriebsärztinnen und -ärzte impfen dort – wie in vielen anderen Unternehmen auch – die Mitarbeitenden, unterstützt von Amprion-Beschäftigten an der Anmeldung und im Beobachtungsbereich. Alle sind frohen Mutes, obwohl vieles erst kurzfristig entschieden werden kann. Das liegt daran, dass die Bundesregierung die Impfstoffmenge erst zwei Wochen vor der Lieferung zuteilt, was eine flexible Planung erfordert. Bei Amprion klappt das problemlos, lobt Guido Stüber: „Der Einsatz unserer Kolleginnen und Kollegen war sehr gut. Jede Eventualität wurde in der Planung berücksichtigt, sodass der Ablauf von der Terminierung bis zur eigentlichen Impfung vorbildlich ist.“
Impfstoff braucht richtige Temperatur
Für Christina Leonhardt, medizinische Assistentin bei BAD, beginnt ein Impftag bei Amprion mit einer Fahrt ins BAD-Gesundheitszentrum in Köln. Dort holt sie die passende Anzahl an Dosen des Biontech-Impfstoffes Comirnaty ab. Die ImpfstoffFläschchen, auch Vials genannt, lagern bei einer Temperatur von zwei bis acht Grad im Kühlschrank. Erst kurz vor dem Transport zur Impfstraße packen die BAD-Mitarbeitenden die benötigte Menge in Kühlboxen. Mit Datenloggern, die u.a. konstant die Temperatur protokollieren, wird die Kühlkette jederzeit überwacht, um die Wirksamkeit des Impfstoffes garantieren zu können. Denn zu hohe oder zu niedrige Temperaturen können, genauso wie zu viel Lichteinstrahlung und Erschütterungen, die Molekülstrukturen der COVID-19-Impfstoffe destabilisieren und so die optimale Antikörperbildung hemmen.
Bei Amprion angekommen packt Christina Leonhardt die Vials in einer zum Labor umfunktionierten Teeküche erneut in den Kühlschrank. Erst kurz vor dem Verabreichen der Spritze wird der Impfstoff gemischt. Denn während die unverdünnte BiontechVakzine einen Monat lang gekühlt haltbar ist, ist im verdünnten Stadium Eile geboten. „Vereinfacht gesagt geben wir mit einer Spritze eine genau definierte Menge steriler Kochsalzlösung in das Vial und drehen dieses zum Mischen mehrmals behutsam hin und her. Dann ziehen wir pro Vial sechs Spritzen auf, die wir den Impfwilligen innerhalb von zwei Stunden setzen“, erklärt BAD-Arbeitsmedizinerin Dr. Dagmar Olten den Prozess des Verdünnens.
Geimpfte erfreuen sich an neuer Freiheit
Das alles sehen die Impfwilligen nicht – genauso wenig wie die Dokumentation jeder Impfung, die Dagmar Olten – ohne personenbezogene Daten – an das Robert Koch-Institut (RKI) melden muss. Auch wenn alle Amprion-Mitarbeitenden geduldig zu warten bereit sind: Sie sollen ihre Impfung so schnell wie möglich erhalten. Deshalb bekommen alle schon mit ihrer Anmeldung zum Impftermin über ein Online-Tool den Einwilligungsbogen zur Impfung und ein Aufklärungsmerkblatt zugeschickt, die sie zu Hause in Ruhe durchlesen, ausdrucken und unterschreiben können. Das beschleunigt den eigentlichen Impfprozess auf zweierlei Weise. Die Anmeldung geht fix, weil die Impfwilligen nur noch die ausgefüllten Dokumente abgeben müssen. Zudem haben sie beim Arztgespräch weniger Fragen. „Die meisten Impflinge sind sehr gut informiert“, ist die Erfahrung von Arbeitsmedizinerin Olten. „Medizinische Fragen gibt es kaum, höchstens sehr spezielle in Zusammenhang mit Vorerkrankungen.“ Organisatorische Fragen, etwa zur Planung der Zweitimpfung oder zum digitalen Impfnachweis, seien zügig beantwortet.
Im Arztgespräch wie auch bei der Impfung selbst ist Einfühlungsvermögen wichtig. „Einige haben keine Angst vor der Impfung an sich, wohl aber vor dem Piks“, hat die medizinische Assistentin Christina Leonhardt beobachtet. „Wenn ich offen auf die Leute zugehe und mit ihnen spreche, sind sie gut abgelenkt und merken den Piks oft gar nicht.“ So klappt bei Amprion alles wie geplant. Auch die Notfalltasche, die Dagmar Olten dabei hat, um zum Beispiel bei einer allergischen Reaktion helfen zu können, bleibt unberührt in der Ecke stehen. Alle Geimpften können, wenn sie nach der Impfung 15 Minuten im Beobachtungsbereich abgewartet haben, an ihren Arbeitsplatz zurückgehen.
„Die Mitarbeitenden sind sehr dankbar, dass ihnen ihr Arbeitgeber eine Impfung ermöglicht hat, nachdem viele von ihnen im Impfzentrum und beim Hausarzt bei der Terminsuche keinen Erfolg hatten“, sagt Dagmar Olten. „Wir Betriebsärzte helfen so, eine Gruppe zu impfen, die wegen der Priorisierung lange keine Möglichkeit dazu hatte.“ Die Freude der frisch Geimpften sowie das Wissen um die Wichtigkeit ihrer Aufgabe motiviert die beiden BAD-Mitarbeiterinnen zusätzlich. „Wir haben nur gutes Feedback bekommen, und es ist einfach ein tolles Gefühl, dazu beizutragen, dass wir alle durch die Impfungen ein Stück weit zur Normalität zurückkehren können“, findet Christina Leonhardt.
Guido Stüber, Leiter Arbeitssicherheit und Umweltschutz bei Amprion, ist ebenfalls zufrieden: „Die Zusammenarbeit und die umfassende Unterstützung von BAD war hervorragend – auch bei vielen anderen coronabedingten Fragestellungen.“ Dank des BAD-Einsatzes sind bei dem Übertragungsnetzbetreiber jetzt 300 Mitarbeitende mehr als zuvor gegen COVID-19 geschützt. Sie können nun wieder unbekümmerter und konzentrierter ihren Beitrag dazu leisten, das europäische Stromnetz sicher und stabil zu halten.
BAD impft
Die Einbindung der Betriebsärztinnen und -ärzte in die nationale Impfstrategie hat am 7. Juni 2021 begonnen, zeitgleich mit dem Aufheben der Impfpriorisierung. Auch BAD impft seitdem Mitarbeitende von Unternehmen – im Rahmen der zur Verfügung stehenden Impfstoffmenge, die von der Bundesregierung zugeteilt wird, und der personellen Kapazitäten der Betriebsärzte.
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