Moderation:
Christian Gies (BAD-Unternehmenskommunikation)
MUTTERSCHUTZ
Ist Corona für Schwangere im Beruf noch gefährlich?
Das Mutterschutzgesetz regelt das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft und Stillzeit. Welche Rechte und Pflichten, insbesondere nach dem Wegfall der Corona-Arbeitsschutzverordnung, haben schwangere und stillende Frauen im Beruf?
Dr. Christina Nußbeck, Arbeitsmedizinerin bei BAD in Bielefeld, klärt über die wichtigsten Fragen auf, denen sie in ihrer Praxis täglich begegnet.
Änderungen durch Corona
SARS-CoV-2 gilt nach wie vor, also auch nach dem Wegfall der Corona-Arbeitsschutzverordnung am 2. Februar 2023, als Risikogruppe 3 in der Biostoffverordnung. Schwangere/Stillende dürfen keine Tätigkeit ausüben, bei der sie damit in Kontakt kommen. Dies muss im Rahmen der individuellen Gefährdungsbeurteilung festgestellt werden. Schutz-maßnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen FFP2-Masken. Die Tragezeit einer Maske muss ebenfalls individuell und einzelfallabhängig bewertet werden. Sie hängt von der Art, Dauer und Schwere der körperlichen Tätigkeit sowie vom aktuellen Schwangerschaftsstadium ab. Gibt es keine ausreichenden Schutzmaßnahmen für Schwangere oder Stillende bzw. steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, muss ein teilweises oder vollständig betriebliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.
Information der Führungskräfte
Sinnvoll ist es, das sofort zu tun. Vorgesetzte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Real sieht es jedoch so aus, dass die meisten Frauen die ersten zwölf Schwangerschaftswochen abwarten. Verläuft eine Schwangerschaft nicht erfolgreich, passiert das in der Regel in diesen zwölf Wochen. Wer den maximalen Schutz in Anspruch nehmen möchte, sollte sich seiner Führungskraft offenbaren. Wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft bzw. dem Stillwunsch seiner Mitarbeiterin erfährt, muss er auf der Grundlage der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung (anlasslos) eine individuelle (anlassbezogene) erstellen. Die zu ergreifende Schutzmaßnahme ist immer eine Einzelfallentscheidung, die auf den konkreten Arbeitsplatz bezogen getroffen wird. Bei einer sitzenden Tätigkeit im Büro sind die Risiken gering. Aber bei einer Schwangeren, die beispielsweise täglich Pakete liefert, an einem Hitzearbeitsplatz arbeitet oder die Aufgaben ununterbrochen in Zwangshaltung erledigt, sieht das schon anders aus.
Tägliche Arbeitszeit
Überstunden sollten sie nicht machen, ebenso Nacht- und Schichtarbeit nicht, Sonn- und Feiertage sollten ebenfalls arbeitsfrei sein; geringe Mehrarbeit kann nach Absprache erfolgen. Die Aufgaben müssen womöglich neu definiert werden. Es ist keine Lösung, sofort ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. Schwangeren dürfen aufgrund des Mutterschutzes aber ebenso keine Nachteile entstehen: Eine Lehrerin etwa, die in den Abendstunden einen Elternabend leiten möchte, kann dies nach Rücksprache mit ihrer Gynäkologin oder ihrer/ihrem Vorgesetzten durchaus tun. Bei einer Servicekraft in der Gastronomie hingegen kann es nicht die Lösung sein, jeden Abend die Spätschicht zu übernehmen oder bis in die Morgenstunden an der Bar zu bedienen.
Verbot bestimmter Tätigkeiten
In der Gefährdungsbeurteilung wird unter anderem nach der Anzahl der Stunden bei einer stehenden Tätigkeit gefragt und danach, ob mit Biostoffen gearbeitet wird oder im Akkord. An einem Stück ohne Pause zu arbeiten, ist nicht zielführend. Wir sehen dies häufig bei Verkäuferinnen, die in der Bäckerei oder im Supermarkt unentwegt stehen und nur in der Frühstücks- oder Mittagspause ein wenig zur Ruhe kommen. Kurz gesagt: Häufiges Bücken, das Heben schwerer Lasten oder Arbeiten in zugigen Räumen sind laut § 11 Mutterschutzgesetz unzulässige Tätigkeiten, da diese für Frau und Kind eine unverantwortbare Gefährdung dar-stellen. Außerdem muss Schwangeren und Stillenden grundsätzlich ein Ruheraum zur Verfügung gestellt werden, in den sie sich zurückziehen können.
Pausenregelung
Das ist nicht genau definiert. Schwangeren und Stillenden stehen natürlich die normalen Pausen zur Verfügung, aber sie haben jederzeit Anspruch auf zusätzliche Pausen. Es ist grundsätzlich Ermessensspielraum, Vorgesetzte müssen natürlich informiert werden. Hier sollte der Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin beraten. Am Arbeitsplatz sollte je nach Tagesform eine individuelle Absprache mit dem Vorgesetzten erfolgen.