Psychische Gesundheit: Was Unternehmen tun können

Prävention

Im Jahr 2023 waren psychische Erkrankungen die drittgrößte Ursache für krankheitsbedingte Fehltage am Arbeitsplatz. Doch wie gehen Unternehmen mit dem Thema um? Dr. Irina Getzendörfer berichtet aus ihrer Erfahrung als Arbeitsmedizinerin bei BAD.

Die Fachärztin für Arbeitsmedizin bei BAD, Dr. Irina Getzendörfer, arbeitet mit Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zusammen. Nach ihrer Erfahrung sind es oft Akutfälle, die das Thema psychische Gesundheit auf den Tisch bringen und Unternehmen dazu veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen. „Arbeitsmediziner sind dann oft die erste Anlaufstelle, wenn ein gutes Vertrauensverhältnis besteht“, berichtet Getzendörfer und führt ein Beispiel aus ihrem Arbeitsalltag an: „Im Rahmen einer Lärmvorsorge ergab sich ein Gespräch mit einer Probandin über einen Konflikt im Team, der sie belastete. Bei einer Arbeitsschutzausschuss-Sitzung, kurz ASA-Sitzung genannt, habe ich mit dem Einverständnis der Probandin darüber berichtet und wir haben eine Mediation durch einen externen Berater Gesundheitsmanagement von BAD beschlossen."
 

Führungskräften kommt eine Schlüsselrolle zu

Viel zu häufig sieht sie bei Unternehmen jedoch Hemmnisse, sich des Themas anzunehmen. „Ich beobachte oftmals eine Scheu – auch bei Führungskräften“, sagt Dr. Getzendörfer. „Dabei kommt genau ihnen beim Erkennen und der Maßnahmenumsetzung eine Schlüsselrolle zu: Führungskräfte im mittleren Management bemerken am schnellsten, wenn es im Team Schwierigkeiten gibt oder einzelne Mitarbeitende Sorgen haben. Mein Eindruck ist, dass bei einer geschlechterdurchmischten Führungsebene die Sensibilisierung für die mentale Gesundheit von Beschäftigten größer ist“, betont die Arbeitsmedizinerin.   

Außer Akutfällen ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GB Psych) eine präventive und nachhaltige Möglichkeit, Strukturen für die mentale Gesundheit im Unternehmen zu implementieren. Die gesetzlich vorgeschriebene GB Psych ist ein wichtiges Instrument, welches auf der Befragung von Mitarbeitenden basiert.

Doch das kann nur nachhaltig wirken, wenn die Ergebnisse danach nicht einfach abgeheftet werden, sondern ernst genommen und Maßnahmen daraus abgeleitet werden. Beispiele dafür können regelmäßige Kommunikationsmöglichkeiten mit der Führungskraft sein, bei denen nicht nur über fachliche Themen gesprochen wird. Oder externe Angebote wie das Employée Assistance Program (EAP), mit dem Mitarbeitende psychosoziale Hilfe durch Gesundheitsberatende finden.

Es kostet zwar Zeit und Mühe, doch wenn die Stärkung der mentalen Gesundheit von Mitarbeitenden gelebte Kultur ist, lohnt sich das für alle. „In gesunden Unternehmen sinken die Fehltage. Die Loyalität und die Leistung steigen, wenn Mitarbeitende sich gehört und verstanden fühlen“, sagt Getzendörfer. Es lohnt sich also, sich um das Thema zu kümmern. Der erste Schritt für Führungskräfte ist: Hinschauen und die Scheu verlieren.

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