Gehörschutz am Arbeitsplatz: Nutzen und Pflichten

Arbeitsschutz

In vielen Branchen sind Beschäftigte tagtäglich Lärmbelastungen ausgesetzt, die ihre Gesundheit gefährden können. Daher ist die Wahl des richtigen Gehörschutzes von entscheidender Bedeutung, um das Gehör angemessen zu schützen und langfristige Schäden zu vermeiden.

Von Simon Kraft, Fachkraft für Arbeitssicherheit bei BAD

Es gibt verschiedene Arten von Gehörschutz, die je nach Arbeitsumgebung und Lärmpegel ausgewählt werden sollten. Für Mitarbeitende in lauten Produktionshallen oder auf Baustellen sind Gehörschutzprodukte mit einer hohen Dämmleistung und schalldichten Eigenschaften ratsam. In weniger lauten Umgebungen, wie bei einfachen Montagearbeiten oder in Arbeitsstätten mit nur störenden Hintergrundgeräuschen, reichen Produkte mit geringerem Dämmwert.

Ob Kapselgehörschutz, Ohrstöpsel in Einweg- oder Mehrwegausführung oder individuell angepasste Gehörschutzmittel (sogenannte Otoplastiken) sinnvoll sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Wenn Gehörschutz häufiger auf- und abgesetzt werden soll, dann sind Kapselgehörschutz, Gehörschutzbügel und Mehrwegstöpsel sinnvoll. Wird der Gehörschutz nahezu die ganze Arbeitsschicht lang benötigt, empfehlen sich Gehörschutzstöpsel und Otoplastiken. Otoplastiken haben den besten Tragekomfort und auch nur eine geringe akustische Leckage.

Ebenfalls zu beachten ist, ob der Gehörschutz mit anderer persönlicher Schutzausrüstung wie Schutzhelm oder Visier z.B. auf dem Bau und in der Grünpflege kombiniert werden kann. Hier wird der Kapselgehörschutz am Helm oder Visier befestigt und fixiert diese gleichzeitig am Kopf.

In engen Räumen oder bei beengten Platzverhältnissen, wo die Gefahr besteht, mit dem Gehhörschutz hängen zu bleiben, sind Produkte besser, die im Gehörgang sitzen. Wenn es darauf ankommt, zu erkennen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt, sind Stöpsel und Otoplastiken auch besser geeignet als Kapseln, da sie die Ohrmuscheln nicht abdecken, die für das Richtungshören eine große Rolle spielen.

Eine tabellarische Übersicht zu Vor- und Nachteilen verschiedener Gehörschutzarten findet sich in der  DGUV Information 212-024, Kapitel 6.

Auch bei Schallpegeln unter 80 dB(A) kann Gehörschutz sinnvoll sein, wenn in einer Umgebung mit vielen Störgeräuschen eine Arbeit mit hoher Konzentration erledigt werden muss – etwa beim Programmieren einer Maschine in einer Fertigungshalle ober beim Schreiben eines Textes im Umfeld sprechender Personen.



Wann ist Gehörschutz am Arbeitsplatz zu benutzen?

Gehörschutz sollte immer dann verwendet werden, wenn die Lärmbelastung einen bestimmten Wert überschreitet. Ab einem Lärmpegel von 80 Dezibel (dB) kann bei langjähriger Exposition eine Schädigung nicht ausgeschlossen werden – ebenso bei kurzzeitig wirkenden Spitzenschalldruckpegeln ab 135 dB(C). Daher empfiehlt es sich für alle Personen, die diesen Schallpegeln ausgesetzt sind, Gehörschutz zu benutzen.

Ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) oder wenn mit Spitzenschalldruckpegeln, d.h. Knallgeräuschen von 137 dB(C) zu rechnen ist, hat der Arbeitgeber gemäß der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten den persönlichen Gehörschutz bestimmungsgemäß verwenden.


Wann muss der Arbeitgeber kostenlos Gehörschutz bereitstellen?

Gemäß den Arbeitsschutzvorschriften ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, kostenlosen Gehörschutz zur Verfügung zu stellen, sobald die Lärmbelastung die oben genannten Grenzwerte von 80 dB(A) und 135 dB(C) überschreitet. Der Arbeitgeber muss auch sicherstellen, dass der bereitgestellte Gehörschutz den geltenden Sicherheitsstandards entspricht und den Mitarbeitenden angemessene Schulungen zum korrekten Tragen und Umgang mit dem Gehörschutz anbieten. Dazu gehört auch die praktische Unterweisung.


Um wie viel dB sollte ein Gehörschutz dämmen?

Der Gehörschutz muss so konzipiert sein, dass er die Einwirkung am Ohr unter die Schwelle für eine Gehörgefährdung dämmt, d.h. die wirksamen Schallpegel am Ohr müssen unter 85 dB(A) bzw. 137 dB(C) liegen. Zur Ermittlung wird meist der Tageslärmexpositionspegel herangezogen. Hier hat es sich bewährt, die Dämpfung des Gehörschutzes so auszulegen, dass nur noch rund 70 dB(A) auf das Gehör einwirken.

Eine noch stärkere Dämpfung würde ein Gefühl der akustischen Isolation verursachen und kann auch das Hören von Warngeräuschen stark beeinträchtigen. Es ist also wichtig, dass der Gehörschutz zwar ausreichend Schutz bietet, aber auch nicht zu viel Lärm abschirmt, um die Kommunikation und das Situationsbewusstsein der Arbeitnehmer zu sichern.

Je nach Gehörschutzart gibt es unterschiedliche Leckagen bzw. Fehler bei der Anwendung. Diese Fehler müssen als Sicherheitsabschlag berücksichtigt werden, beispielsweise sind das beim Kapselgehörschutz 5 dB, bei Einwegstöpseln 9 dB und bei Otoplastiken nur 3 dB. Detaillierte Methoden zur Ermittlung des passenden Dämmwertes anhand der im Arbeitsbereich auftretenden Geräusche bzw. Frequenzen sind in der  DGUV Regel 112-194 beschrieben. Es ist zu empfehlen, anhand dieser Auswahlkriterien vorzugehen.


Fazit: Wahl des richtigen Gehörschutzes ist entscheidend

Der Gehörschutz am Arbeitsplatz ist eine unverzichtbare Maßnahme, um das Gehör angemessen zu schützen und langfristige Gehörschäden zu vermeiden. Die Wahl des richtigen Gehörschutzes hängt von der Art der Arbeit und dem jeweiligen Lärmpegel ab. Arbeitgeber sind aufgefordert, ihre Mitarbeitenden über die Notwendigkeit des Gehörschutzes informieren und angemessene Schutzmittel kostenlos bereitstellen. Durch eine konsequente Umsetzung von Gehörschutzmaßnahmen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam dazu beitragen, eine sicherere Arbeitsumgebung zu schaffen und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.

Quelle: Dieser Text erschien zuerst auf haufe.de

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